Meine Woche 4-2023

Moin, Sonntag Abend, Zeit um bei Rinas Wochenrückblick mitzumachen. Letzte Woche war ich nicht dabei, weil ich Sonntag gearbeitet habe und Abends zu sehr mit einer erregten Diskussion mit ein paar Freunden beschäftigt war und nicht gemerkt habe wie die Zeit verstrichen ist.

Wie war eure Woche so?

Geärgert ….. Über die Ausreißer beim Aufstehen und dass ich so sinnlos lange schlafe. Und dass ich auf Arbeit Opfer eines Prank-Calls von ein paar angeheiterten Russen geworden bin. Leider muss man bei sowas immer freundlich sein -.-

Gefreut: ……. Über Donnerstag, wo ich es geschafft habe früh genug aufzustehen um morgens beim Frühstück im Bett den ganzen ersten Drachenzähmen leicht gemacht Film zu gucken. Das war richtig toll.

Gedacht…. Ob ich nach Brandenburg an der Havel ziehen soll. Kleinstadt mit 70.000 Einwohnern, dass recht verschlafen sein soll. Dafür sind die Mieten nicht teuer und es gibt eine gute Zugverbindung nach Potsdam/Berlin mit dem Regio (~25min).

Gefragt:… Ob ich wohl die angekündigten 16 Tage Home-Office im Monat zugesprochen bekomme, wenn ich in ein Kaff in Brandenburg ziehe.

Gefühlt…. Ziemlich gut.
-> positiv … das 8:00 Ziel wird regelmäßig erreicht.
-> negativ … ich schaffe es immer noch zu oft, mich wieder morgens ins Bett zu legen und sinnbefreit weiter zu dösen.

Gelitten….. Meine Snickers-Sucht macht mich arm und dick 😀

Genossen:….. kompromisslos geiles Essen aus unserem Foodji Automaten im Büro, echt lecker und mittlerweile ist der Automat auch zuverlässiger voll.

Gewesen….. Letztendlich nirgends.

Getroffen:…. Niemanden.

Gesucht:….. Wohnungen. Und festgestellt, dass die in Brandenburg an der Havel entschieden günstiger sind als in Potsdam, wo die Mietpreise sehr unschön sind.

(Wieder)Gefunden…. Meinen Spaß am Schreiben.

Gelacht……….. Über diverse Sachen und Videos.

Geweint ……… Tatsächlich schon, allerdings nur weil ich eine besonders dramatische Szene aus dem Buch nachgespielt habe, die sehr emotional war.

Gewundert …. Über das Wetter. Erst schweineheiß, dann wieder so schweinekalt, dass ich beim Fahrradfahren meinen Schal vermisse 😦

Gegessen: …… Endlich mal wieder eine Schale Linseneintopf mit Würstchen.

Genascht….. Viel Eis.

Getrunken: …… Die Limo von Granini, viel milden Kaffee und schwarzen Tee. Hab aber beschlossen, den Koffeinkonsum drastisch zu reduzieren, bzw. kein Kaffee nach Mittag, bzw kein Darjeeling nach vier.

Gehört: ….. Ein paar Kapitel vom 5. Harry Potter Hörbuch und stundenlang Musik. Auf Arbeit hab ich entdeckt, das ein paar Arbeitsplätze Tastaturen mit Medientasten haben. So kann ich in den Pausen zwischen den Calls ein bisschen Musik hören.

Gegoogelt…. nach ägyptischen Göttern, insbesondere Osiris.

Gelesen: …. Den zweiten Band einer Monsterjäger-Reihe, die mir irgendein Blogger letztes Jahr empfohlen hatte. Super geile Bücher. Hab mir die ganze Reihe auf Kindle gekauft.

Gesehen: ……… Drachenzähmen leicht gemacht 1,2 und 3. Und Extraction 2 auf Netflix, super geiler Film. Chris Hemsworth als Action Hero gefällt mir mittlerweile richtig gut.

Gespielt/Gebastel/Gehandwerkt/Geschrieben: Seit ein paar Tagen rund 16 Seiten am Osiris Genom. Ich hab festgestellt, dass die vierte Fassung ein gutes Fundament für die aktuelle Version (6. Fassung) darstellt. Heißt ich muss nicht komplettt bei null anfangen und kann besonders mit den Grundrissen arbeiten, die ich mir für einen der Hauptschauplätze mit autoCAD im Bauzeichner Praktikum letztes Jahr angefertigt habe. Ich glaube es könnte ganz gut werden. Auf jeden Fall macht Schreiben wieder richtig viel Spaß!

Getan: ….. Gearbeitet, geschrieben, Filme geguckt, mich dauernd auf Discord verquatscht und LEGO gebaut.

Gekauft: …… Doch wieder das kleine WordPress Abo und zwei Filme, die frisch in den Kinos kamen, ich aber nicht auf Deutsch sehen will (Sisu und Fast X)

Geschenkt (bekommen)…. Nix

Geschlafen…. Gut, manchmal zu lang, aber das passt schon

Geträumt…. Von einer 2-3 Zimmer Wohnung mit einem Studio für meinen Filmkram.

Geplant: …… Videos vorproduzieren, in dreieinhalb Wochen hab ich Urlaub und ich möchte nicht das an den beiden Wochenenden, wo ich weg bin, keine Videos rauskommen und dadurch eine Lücke entsteht. Dafür hab ich mir das erste August Wochenende ausgesucht.
Und nach meinem Urlaub möchte ich mir mal Brandenburg an der Havel angucken, vielleicht gefällt mir die Stadt ja ganz gut. So unternehmenslustig bin ich nicht, dass mich ein verschlafenes Nest abschrecken würde.

FAZIT: Die größte News hab ich mir für den Schluss aufgehoben. Zum September werde ich übernommen! Arbeitsvertrag ist schon unterzeichnet und ich freue mich riesig. Die Firma gefällt mir gut und die Arbeit macht Laune, zumindest wenn die Kunden mitmachen und nicht unnötig anstrengend sind.

Meine Woche 3-2023

Rina läd erneut zu einem Wochenrückblick ein, ich dürfte wie immer am spätesten dran sein, bleibt nur zu hoffen ich lande wieder Montag morgen ^^

Wie war eure Woche so?

Geärgert ….. Dass ich meinen freien Tag am Montag eher sinnlos getauscht habe, weil ich letztendlich doch nicht zur Besichtigung einer Wohnung gegangen bin, die ich mir aber auch nicht guten Gewissens hätte leisten können und die mir von der Lage im Haus nicht gefallen hat (zwischen EG und Keller).

Gefreut: ……. Dass ich ein wichtiges Paket zeitnah von einem Studenten abholen konnte und nicht erst bis zum Wochenende warten musste, weil ich Spätschicht arbeite und Abends um halb zehn nicht bei meinen Nachbarn klingeln will.

Gedacht…. dass Kindle doch ganz praktisch ist, wenn man ein kompatibles Tablet hat, denn eigentlich lese ich doch ganz gerne und ein Tablet ist handlicher als eine Bibliothek, wenn ich unterwegs bin.

Gefragt:… Was eher eintritt. Dass ich eine Wohnung finde oder dass unser Aufzug endlich mal repariert wird …

Gefühlt…. Das alles wieder recht normal ist, und dass ich irgendwie endlich im Leben angekommen bin.
-> positiv: Nur an 3 von 7 Tagen hab ich das Aufstehen versemmelt und davon an den Werktagen den Morgenkaffee verpasst. Ich nenne das langsamen Fortschritt. Zu spät auf der Arbeit bin ich allerdings nie.
-> negativ: Die Snoozerei nervt mich. Warum funktioniere ich nicht einfach wie normale Menschen, die einfach so aufstehen wenn der Wecker schrillt???

Gelitten….. Ging eigentlich, die Woche war recht ausgeglichen, selbst von der Hitze am Wochenende hab ich recht wenig mitbekommen.

Genossen:….. Erhebliche Mengen von Eis, Schoko-Keksen und Snickers-Riegeln. Ich sollte entschieden mehr Sport machen ^^

Gewesen….. Abgesehen vom Arbeiten und gelegentlichen Einkäufen war ich nirgends.

Getroffen:…. Nur meine Discord-Freunde und Arbeitskollegen.

Gesucht:….. Einen Bosch Blau Bohrhammer, wenn schon Löcher in Wände bohren dann richtig xD

Gefunden…. Einen integrierten Staubschutz für mein Kettenschloss, aber eher durch Zufall. Das ist mir aber auch erst 4 Jahre nach dem Kauf aufgefallen.

Gelacht……….. Sehr intensiv über meine Sonntags-Lektüre.

Geweint ……… Nur vor Lachen ^^

Gewundert …. Wie verdammt wenig Fahrradfahrer ohne Helm fahren. Zu denen gehörte ich auch lange, aber lieber Helmchen tragen und doof schwitzen als einmal dumm hinzuknallen und dann im Worstcase im Rollstuhl zu sitzen. Lieber schwitzen …

Gegessen: …… Recht viel Löwenanteil mit Reis und einen Zehnerkarton Eier (letzteres hat aber nur für zwei Portionen gereicht 😀 ). Auf der Arbeit konnte mich der Foodji-Automat mit einem richtig guten Vollkorn-Sandwich und einem hammergeilen veganen Pesto-„Hühnchen“-Wrap begeistern. Hoffentlich ist der Automat nächste Woche besser bestückt, ich mit meiner Spätschicht bekomme sonst viel zu selten was ab 😦

Genascht….. Siehe weiter oben.

Getrunken: …… Recht viel (milden) Kaffee und Abends die obligatorische Kanne Darjeeling zum Ausklingen des Tages.

Gehört: ….. Meine schräge Musik und ein bisschen Mitschnitte diverser ESC Auftritte. Wirklich Schade dass Deutschland dieses Jahr so mies abgeschnitten hat, die Band höre ich gerne und ich fand den Song auch ziemlich gut.

Gegoogelt…. Interessehalber in welchen Gegenden unsere Kunden landen. Dadurch habe ich durch Zufall einen Pralinenmanufaktur in der Nähe von Regensburg gefunden, die sehr interessant aussieht … haben auch einen Online-Shop ^^

Gelesen: …. Elternabend von Sebastian Fitzek. 317 Seiten … am Stück. Nur unterbrochen von Pinkelpausen oder um Kaffee nachzuschenken. Klasse Buch mit tollen Wendungen und trotz des hohem Gag-Anteils doch stellenweise tiefgründig und in erster Linie sehr spannend. Klare Empfehlung von mir und ein weiterer Grund nicht Papa zu werden (ich wäre doch garantiert der Doofe in der Beziehung, der immer zu Elternabenden hin muss -.- )

Gesehen: ……… Ich hab auf Youtube den Kanal SWR Handwerkskunst entdeckt und ein paar richtig gute Beiträge angesehen, zum Beispiel wie man eine Pfanne schmiedet oder ein richtig gutes Steak brät.

Gespielt/Gebastel/Gehandwerkt/Geschrieben: Ich hab mich endlich mal aufgeraft und mir eine Scrivener Lizenz gekauft und mich an das zweite Kapitel des Osiris Genoms in der 6. Überarbeitung gewagt. Mit der jungen Akira in der Hauptrolle. Macht Laune mal wieder ordentlich in die Tasten zu hauen. Eine Leseprobe des Buches bzw. das erste Kapitel findet ihr hier.
Dazu hab ich noch ein bisschen LEGO gebaut. Den hier, Karlchen for Scale:


Getan: ….. Gearbeitet, geschlafen, etwas aufgeräumt, mich regelmäßig mit meinen Freunden verquatscht und bin regelmäßig in meine Monologe abgedriftet.

Gekauft: …… Diese Woche nur Limo und Snickers aus dem Foodji-Automaten und ein paar eBooks auf Amazon.

Geschenkt (bekommen)…. Nichts, aber ich hab ein paar Ideen für den Geburtstag von Papa und Brüderchen die haben demnächst Geburtstag.

Geschlafen…. Echt zu viel … Grr.

Geträumt…. Merkwürdigkeiten. Immerhin werden die Nächte noch kühl genug, dass man gut schlafen kann.

Geplant: …… Ne ganze Menge. Erstmal plane ich mehr zu coden und hab da was im Sinn was ich für den Blog gebrauchen kann. Und zwar ein Programm, das Wörter für das „Wörter-Würfeln“ (wie ich meinen schamlosen ABC-Etüden-Klon vorläufig getauft habe ^^) auswählt und sich auch merkt, welche Begriffe dran waren. Ich glaube das ist recht machbar. Ein Deckblatt habe ich auch schon spontan auf Papier gekritzelt, ich will das finale Bild aber mit Karlchen (meinem Youtube Maskottchen) machen.

FAZIT: Keine Spektakuläre Woche aber mir hat gefallen, dass das mit dem Aufstehen stückchenweise besser geklappt hat, ich endlich wieder mehr lese und mir mit dem LEGO Offroader einen lange gehegten Traum erfüllt habe. Ich finde das darf gerne in Zukunft so weitergehen.

Meine Woche 2-2023

Rina läd wieder zu einem Wochenrücklick. Man merke an ich arbeite Spätschicht und gerade ist zwar schon Montagmorgen, aber gefühlt ist immer noch Sonntag 😀

Wie war eure Woche so?

Geärgert ….. Über mich selbst, weil ich es partout nicht schaffe, zu einer vernünftigen Zeit aufzustehen, damit ich den Vormittag vor der Arbeit produktiv nutzen kann. Stattdessen liege ich bis 30min vor Aufbruch im Bett und Snooze. Doof.

Gefreut: ……. Das ich nach den 6 Monaten übernommen werde (arbeite derzeit bei einer Zeitarbeitsfirma und mein jetziger Einsatzort ist der Kundensupport eines großen deutschen Autokonzerns), zwar hab ich dann noch ne Probezeit, aber immerhin bin ich nach den 6 Monaten mehr oder weniger rudimentär eingerarbeitet.

Gedacht…. Das ich echt wieder Bock auf das Osiris Genom habe. Die 6. Fassung endlich mal voran zu bringen.

Gefragt:… Ob ich es morgen schaffe, endlich mal zum Baumarkt zu eiern um drei Regalbretter zu kaufen … kann doch eigentlich nicht so schwer sein

Gefühlt…. Eine wilde Mischung
positiv: Dass ich übernommen werde.
negativ: dass ich dieses blöde sinnlose Snoozen nicht in den Griff bekomme

Gelitten….. Hunger, weil ich es am Wochenende nicht geschafft habe, vor der Arbeit zu Frühstücken

Genossen:….. Spätschicht. Hab ich ab sofort nur noch. Genieße die Ruhe im Büro am Abend und kann tagsüber ausschlafen.

Gewesen….. In einem tollen Livestream mit anderen Klemmbausteinverrückten. Die 4 Stunden waren schnell vorbei und ich hab neben dem Quatschen ein schönes B-Modell zusammen gebaut, dass ich die Tage auf meinem Kanal zeigen werde. (Ich bin der mit dem knalle roten T-Shirt)


Getroffen:…. nur digital ein paar Freunde zum quatschen

Gesucht:….. Eine Wohnung, diese Woche war leider wenig ergiebig.

Gefunden…. Eine Wohnung, die leider leider rund 150€ über meinem Budget liegt … ärgerlich, weil sie auch echt cool ist.

Gelacht……….. Recht viel. Ich hab den Talk zwischen Gregor Gysi und Sebastian Fitzek angesehen und an einigen Stellen herzhaft gelacht.


Geweint ……… Nagut, mein Lieblings-Inder in Potsdam hat dicht gemacht 😦

Gewundert …. Dass auch nicht so helle Lampen scheißteure Autos fahren

Gegessen: …… Am Mittwoch im Büro. Wir haben da jetzt so einen Foodji Automaten, mit 15€ Essenszuschuss von der Firma gesponsert – wöchentlich. Also gab es am Mittwoch ein tolles Sushi und eine Coke für 4,20€. Leider war mein Zuschuss viel zu schnell alle, was durchaus am Cola + Snickers Exzess gelegen haben könnte 😀

Genascht….. Etwa ein Dutzend Snickers Riegel aus dem Automaten … schlimm

Getrunken: …… Viel Kaffee nach zehn (abends), ein bisschen Cola und ein paar interessante Limos aus dem Automaten im Büro.

Gehört: ….. Viele tolle Musik aus meiner Playlist und ein paar Podcast zum Thema Film und Medien (Open Bar von The Critical Drinker auf YT)

Gegoogelt…. aus Spaß auf Google Maps in welchen Gegenden einige Kunden diese Woche gestrandet sind. Mit am Start waren 2 Golf Clubs und reichlich Pampa.

Gelesen: …. Ein Buch von Filmento (Youtuber) zum Thema Filmen und ein Kapitel in meinem C++ Lehrbuch.

Gesehen: ……… Nur jeden Tag ein paar Youtube Videos, aber nichts weltbewegendes, für Filme oder Serien hab ich momentan nicht so den Nerv.

Gespielt/Gebastel/Gehandwerkt/Geschrieben: Ich hab meinen Spickzettel für das Osiris Genom überarbeitet und LEGO gebaut. Und ich habe das grandiose Rennspiel Split Second mal wieder gespielt. Nachher, will ich endlich Cyberpunk 2077 antesten, Das wurde 2013 das erste Mal angeteasert 😀

Getan: ….. Außer schlafen, arbeiten und Kaffee Trinken nicht viel. Naja, ich habe meinen Mobilfunkanbieter gewechselt. vorher 4 GB für 12€, jetzt 20 GB für 12€. Muss nur noch die Nummer übertragen, sonst wird das doof.

Gekauft: …… Einen neuen Drucker, Games für 200€ auf Steam im Summer Sale, Den LEGO Technic NASA Mars Rover Perseverance bei den Steinehelden und den LEGO Technic 4×4 Offroader auf bricklink. Die beiden stelle ich im Juni vor.

Geschenkt (bekommen)…. Nichts

Geschlafen…. zu viel finde ich.

Geträumt…. Merkwürdige Sachen.

Geplant: …… Früh aufstehen (also so gegen 10) und produktiv sein, hat nicht so gut funktioniert wie erhofft, bzw nur Montag so wirklich.

FAZIT: Eine chaotische Woche mit Höhen und Tiefen, die aber jede Menge Spaß gemacht hat.

Cool finde ich die Übernahme in der Firma, den frischen Schwung auf Youtube und die Zusage, dass ich ab sofort NUR noch Spätschichten bekomme, was ich sehr feiere.

Doof ist das Snoozen-Problem und dass ich deshalb ziemlich viel nicht geschafft habe, wie zum Beispiel das Sonntags Video, was eigentlich gar nicht aufwendig ist und nur in der Mache 2h dauern würde.

Der Haken an Spätschicht ist halt nur, wenn du in einer WG mit einem Frühaufsteher wohnst. Also kannst du Abends nach der Arbeit nicht mehr so viel machen.

Meine Woche 1-2023

Ach ist das Lange her, dass ich das gemacht habe. Bestimmt fast ein Jahr. Für die, die sich erinnern macht Rina jeden Sonntag einen Wochenrückblick, der bei mir immer sehr üppig ausfällt, aber für mich auch ein schöner Moment ist, weil es fast wie eine Zeitkapsel ist, auf die ich auch noch nach Jahren zurückblicken kann, wenn ich daran denke wie es früher einmal war. (Dat war ein langer Satz xD).

EDIT: eigenlich sollte der noch Sonntag Abend erscheinen, aber beim Schreiben verflog einfach so schnell die Zeit, dass ich bis in die frühen Monatg-Morgenstunden geschrieben habe. War eben doch viel zu erzählen, nach so langer Zeit des Schweigens.

Wie war eure Woche so?

Geärgert ….. Mittwoch wollte ich meine Snackvorräte auffüllen und bin zu REWE nach der Arbeit … und stand um kurz nach zehn vor verschlossenen Türen, weil ich nicht mitbekommen habe, dass die ihre Öffnungszeiten verkürzt haben. Belastend. Donnerstag hab ich es dann nachgeholt und bin „leicht“ eskaliert 😀

Gefreut: ……. Über das erste freie Wochenende im Juni, die ersten drei habe ich auf der Arbeit verbracht 😦

Gedacht…. Wie cool das wieder ist, jeden Abend lange aufbleiben zu können. Ich bin eben doch eher eine Nachteule. Einer der Vorteile von Spätschicht.

Gefragt:… Ob ich auf Arbeit ins internationale Team darf wenn die Probezeit rum ist, da mein Englisch richtig gut ist. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, denke ich.

Gefühlt….
positiv: ich meine vor einem Jahr war ich noch arbeitslos. Jetzt geht es mir einfach sooo viel besser. Gut bezahlter Job mit Aufstiegschancen, erweiterter Freundeskreis und ein erheblich besseres Lebensgefühl.
negativ: Über das Übliche, die miese Disziplin beim Aufstehen und beim Sport.

Gelitten….. Die beiden Tage als es genau dann in Strömen regnen musste, als ich zur Arbeit fahren musste … mit dem Rad.

Genossen:….. Den Sommer. Endlich warmes Wetter und Sonnenschein.

Gewesen….. Samstag bei einem tollen langen Spaziergang im Babelsberger Park bei Bombenwetter.

Getroffen:…. gute Freunde, sowohl über Discord als auch in Echt, war eine sehr schöne Woche finde ich.

Gesucht:….. Eine eigene Wohnung. Wird eine lange harte Suche.

Gefunden…. Viele neue Freunde an Orten, wo ich sie nie zu finden gedacht hätte.

Gelacht……….. Über lustige Geschichten bei den Abenden in unserer Discord Gruppe. Gewissermaßen unsere „LEGO Selbsthilfegruppe“ 😀

Geweint ……… Nope, sehr selten bei Männern fürchte ich.

Gewundert …. Über den Beinahe-Putsch in Russland

Gegessen: …… Ein Glas Löwenanteil mit Reis sowie Linseneintopf auf Arbeit. Seit ich bei der neuen Firma bin, koche ich mehrmals die Woche, damit ich jeden Tag auf Arbeit etwas warmes zu essen habe. Und wenn ich es nicht schaffe, dann mache ich mir eben ein Glas Löwenanteil, was auch richtig lecker ist, wenn auch nicht billig, aber jeden Cent wert.

Genascht….. Eine ganze Packung Kinder Pingui, Ein paar Packungen Schokokekse, etwas Eis und selbstgebackenen Kirschkuchen.

Getrunken: …… Bis auf Donnerstag und Freitag mehr aus Gewohheit eine Kanne Kaffee im Alleingang zum Frühstück, aber ich nehme eine recht milde Sorte. Auf der Arbeit trinke ich dann noch 2 Liter Wasser und Abends zum Feierabend eine Kanne Darjeeling.

Gehört: ….. Das Hörbuch vom 5. Harry Potter, ab und an die Joe Rogan Experience und ziemlich viel Musik.

Gegoogelt DuckDuckGoed…. Die Rundungsfunktion in C++

Gelesen: …. Aus Spaß mal wieder das 2. Skript vom Osiris Genom. Schon krass wie sehr sich die Story und die Figuren in fast 3 Jahren Überarbeitung verändert haben. in der aktuellen 6. Fassung ist Kaz viel älter und reifer, aus Liz ist eine KI geworden und der eigentliche Fokus der Erzählung liegt auf der jungen Frau Akira. Und die Story ist weg von „Rette die Welt“ zu einem (hoffenlich) raffinierten Heist. Ich glaube ich muss wieder öfter schreiben, macht doch Spaß … und bloggen … bloggen macht auch Spaß 🙂

Gesehen: ……… Ich hab mir die Fast & Furious Collection gekauft. Die ersten beiden Filme haben mich an meine Kindheit mit den Need for Speed Games errinnern lassen und haben echt Laune gemacht, man muss sich eben nur darauf einlassen.

Gespielt/Gebastel/Gehandwerkt/Geschrieben: …. Die Woche hatte ich wenig in der Hinsicht gemacht, höchstens ein bisschen gecoded ab und an, hab mir vor ein paar Wochen ein C++ Lehrbuch mit Übungen geholt und geh das nach und nach durch … macht tatsächlich Spaß … hätte mir mal im Informatik-Studium einfallen sollen. Wenn ich das Lehrbuch durch habe, könnte ich vielleicht meinen Bachelor fertig zusammen puzzlen … ne Idee wäre es wert.

Getan: ….. 4 Tage Spätschicht mit durchaus merkwürdigen Kunden. Montag hab ich Aufnahmen für ein größeres Video gemacht, bin aber noch nicht zum Schneiden gekommen. Und ich habe frei dem Motto „Bau doch mal was mit den Steinen die du schon hast“ einen dicken LEGO LKW mit Kran gebaut, wenn auch nach Anleitung und nicht selber ausgedacht. Für Moccen hab ich leider nicht so viel Platz und die Hälfte meiner Sammlung ist immer noch unsortiert (Grrr). Das ist der Truck, er ist recht bunt geworden 😀 (Banana for Scale)


Gekauft: …… Nicht diese Woche aber rückwirkend für die letzte Zeit einen 4K Camcorder von Sony und zwei geile LED Strahler zur Ausleuchtung. Allerdings wird es mich viele Monate brauchen, bis das Feintuning der Einstellungen passt. Die Kamera rockt heftig. Ich schneide zwar nach vor recht lange an den Videos, aber Bild und Ton sind ein für alle Mal synchron. Nur mein Rentner-Rechner hasst mich, wenn er 4K Rohmaterial in 2K rendern muss (für 4K Videos ist unser Upload von 10Mbit etwas zu besch…eiden).
Desweiteren bin ich zur Abwechslung bei LEGO nicht ganz so eskaliert wie sonst und so habe ich nur den John Deere Skidder gekauft und fast pünktlich zum Release reviewed (ja ich weiß Beleuchtung ist etwas grell :D) :

Nächsten Monat senke ich mein LEGO Budget auf etwa 200€, mein „berüchtigter“ Schrank ist eh voll mit Sets, die noch gebaut werden wollen und mir geht langsam aber sicher der Platz aus. Ich glaube es wird der 4×4 Off-Roader und ein paar MOC Anleitungen auf Rebrickable nachdem ich den roten Kran (42082) auseinander genommen habe.

Geschenkt (bekommen)…. Meinem besten Freund das Solar System von CaDA. Meine Fresse hat der sich gefreut, denn was ich nicht wusste war, dass er schon seit Monaten um dieses Set herumgeschlichen ist und es unbedingt haben wollte. Er hatte im Lehramtstudium Astronomie als Nebenfach.

Geschlafen…. Ich fang wieder an zu snoozen. Spätschicht ist zwar geil, wenn man ausschlafen kann, aber dann jeden Tag bis fast zwölf zu pennen ist auch irgendwie doof, wenn man dann sofort zum Fahrrad stürzen muss. Stattdessen versuche ich mich langsam vorwärts zu tasten was die richtige Weckzeit angeht. Allein heute wollte ich noch ein Video schneiden und hab den Wecker auf halb zehn gestellt, weil ich mich zu drei mit einem Freund treffen wollte und ich noch etwa 5h für Aufnahmen und Edits Zeit gehabt hätte, hab dann aber letztendlich den Wecker ignoriert und mit sehr schlechtem Gewissen um eins aufgestanden. Na gut ist Sonntag, aber das Video musste ich jetzt um eine Woche verschieben, weil es recht schneidaufwendig ist (für einen Onetake wohlgemerkt).

Geträumt…. Von der ersten eigenen Wohnung. (Zweck)WG ist doof und vier Jahre WG waren ein paar zu viel. Klar in Potsdam ne Wohnung finden wird super knifflig, aber ich hab ja Zeit. Und so anspruchsvoll bin ich nicht. 2 Zimmer, mind. 2 Stock, eine Badewanne und Platz für ne Waschmaschine. Ein paar Wochen suche ich schon, aber ich rechne ehrlich gesagt nicht vor einer eigenen Butze vor meinem Geburtstag nächsten Frühling.

Was viel näher erreichbar ist, wäre ein Workstation fürs Arbeiten und Zocken. Es wird ein Biest mit einem 16-Kern Prozesser und 64 GB Arbeitsspeicher, sowas in der Richtung:

Man achte auf das „reasonable“ (dt. vernünftig) 😀

Bei der Grafikkarte warte ich noch auf die Mittelklasse Karten von AMD, zwar braucht es für höhere Auflösungen ordentlich Power, aber ich bin (noch) nicht bereit, 4-stellige Summen für eine Grafikkarte auszugeben, wobei ich letztendlich Bock drauf hätte, aber aktuell spiele ich einfach zu wenig, als dass das gerechtfertigt wäre.

Für mein rundes Geburtstagsgeschenk (ich werde 2024 nämlich 30 ^^) spiele ich mit dem Gedanken mir ein Apple MacBook Pro mit einem M2 Chip zu holen. Als mobiles Powerhouse primär für Videoschnitt, zumal Final Cut Pro auf dauer nicht so viel kostet wie Adobe Premiere Pro CC, was ich aktuell nutze, da es eine Dauerlizenz und kein dämliches Abo ist. Ich freu mich.

Geplant: …… Für die eigene Butze irgendwann einen fetten 2,2m x 1 m Schreibtisch mit 3x 32″ 2K@165Hz oder 4K@60Hz Monitoren, einem Shure Profi Mikrofon und statt einer Webcam zwei eingeschleifte Sony Systemkameras … ich will nämlich mit Streaming anfangen, aber erst wenn der Kanal etwas größer ist.

Und kurzfristig längere Radtouren, regelmäßig Bahnen schwimmen und (hoffentlich klappts) ab morgen Daily Workouts direkt nach dem Aufstehen. 5-6 Übungen in zwei Sätzen solange wie ich durchhalte, und wenn es eben nur 5 Liegestütz sind, dann ist das auch so. Beim Fahrradfahren bin ich im Januar auch im Schneckentempo durch die Gegend geschlichen und mittlerweile bin ich wieder ordentlich flott unterwegs und schalte bei Hügelfahrt oft gar nicht mehr die Gänge runter.

Anyway, ich finde mich etwas zu schmal. Weihnachts- und Osterspeck ist erfolgreich weggehungert, jetzt könnte etwas Muskelmasse auf den schmächtigen Lurch ^^ … und Ende des Jahres möchte ich zwei volle Klimmzüge schaffen, das ist noch ein langer Weg vor mir und das halbe Jahr ist schon rum.

Fertig 😀

Die Freitagsfrage

Da sitze ich im Bett und muffel meinen Feierabend Kaffee und mampfe meine neuen Milka Lieblingskekse und scrolle durch Instagram. Auf einem stolpere ich über einen Beitrag der mich interessiert: Die Freitagsfrage. Da ich wusste, dass die Antwort länger werden könnte, hab ich mich mal an den Rechner gesetzt und Steam gestartet 😀

In welches Spiel hast du mehr als 100 Stunden Investiert.

Als leidenschaftlicher Gamer seit dem zarten Kindesalter könnte das eine etwas längere Liste werden 😀

  • +4.000 h – World of Tanks (Spiele es seit 2011, aktuell aber nur sporadisch)
  • +1.500 h – Skyrim/SkyrimSE/Enderal(Mod)
  • 713 h – Civilisation V
  • 433 h – Fallout 4 (gemoddet)
  • 334 h – Borderlands 2
  • 275 h – Just Cause 2
  • 237 h – Might and Magic: Heroes V
  • 147 h – Total War: Empire
  • 132 h – Just Cause 3

Bestimmt auch mehr als 100 :

  • ??? h – Age of Mythology
  • ??? h – Die Siedler IV

Knapp vorbei:

  • 97 h – Divinity: Original Sin 2
  • 97 h – Kingdom Rush
  • 96 h – War Thunder

Tauschen?

Josch fluchte innerlich. Morgen war Weihnachten. Also Sonntag. Und jetzt war Samstag Nachmittag. Das wäre nicht so schlimm, wenn er nicht gerade da wäre wo alle waren. Beim panischen Kaufen von Geschenken in der letzten Minute.
Josch arbeitete Schicht in der Telefonzentrale eines großen Autokonzerns. Die bisherige Woche hatte er durcharbeiten müssen und heute war sein erster freier Tag und nach recht stressigen Tagen am Telefon mit ätzenden Kunden wollte er sich nun etwas gönnen. Blöderweise sammelte er leidenschaftlich LEGO und hatte sich in den LEGO Store in Berlin verirrt. Und das einen Tag vor Weihnachten. Doof. Aber manche Sachen gab es leider nur Exklusiv bei LEGO wie zum Beispiel dieses tolle neue große Baumhaus von LEGO Friends. Friends, eine Reihe, deren Zielgruppe primär kleine Schulmädchen waren. Genau, und er war ein erwachsener Mann Mitte Vierzig … der sich selbst Kinderspielzeug kaufte … und dann auch noch rosa-behaftetes Mädchenspielzeug. Irgendwie war ihm wohl nicht mehr ganz zu helfen, aber er sammelte die Reihe seit über zehn Jahren voller Leidenschaft … nur behielt er das lieber für sich. Gut durch seinen kleinen Youtube Kanal wussten in seinem näheren Umfeld und auf Arbeit eh die meisten, dass er im Erwachsenenalter noch LEGO sammelte.
Josch fluchte weiter vor sich hin. Nicht vergessen, er war im LEGO Store in Berlin einen Tag vor Weihnachten. Der Laden war zum Bersten voll und er stand mit seinem Friends Baumhaus schon seit rund 30 Minuten in einer elendig langen Schlange, die sich durch den halben Laden schlängelte.
Die Wartezeit vertrieb er sich mit der Beobachtungen von Menschen. Nach 10 Jahren Arbeit im First Level Support mochte er Menschen nicht mehr so wirklich, wobei er sie vorher schon nicht überragend gut leiden konnte. Er ließ den Blick über die Regale streifen. Dann wieder auf die Menschen in der Schlange vor ihm.
Plötzlich rempelte ihm jemand in den Rücken.
“Hey, unterlassen Sie dass, mit Rempeln kommen Sie in der Schlange auch nicht weiter voran.”
Raunzte er angefressen nach hinten ohne sich umzudrehen. Scheiß Menschen.
“Tschuldige.”
Die Stimme gehörte einer Frau. Eine angenehme Stimme, die verlegen klang. Im Anbetracht der einseitigen Alternativen zur Totschlagung von Lebenszeit durch sinnloses Warten in einem überfüllten Spielzeuggeschäfts einen verdammten Tag vor Weihnachten drehte er sich in seiner Stelle in der Warteschlange aus geringfügigen Interesse um die eigene Achse um die Frau hinter ihm zu inspizieren, die ihn gerade Angerempelt hatte.
So umsichtig, wie sich ein zwei Meter großer Kleiderschrank eben bewegen konnte, drehte er sich um. Die Frau hatte den Rücken halb zu ihm gedreht. Sie war mittelgroß, womöglich etwas über dem Durchschnitt der deutschen Frau. Sie mühte sich mit einer riesigen Kiste ab, die sie an der Unterseite mit beiden Händen umklammerte und mit dem Kinn vor sich einklemmte. Sie trug ein recht förmliches Kostüm, das teuer aussah. Sie trug eine teuer aussehende Uhr, teuer aussehenden Schmuck und eine teuer aussehende Designer-Brille mit großen runden Gläsern. Ihre halblangen braunen Haare waren zu einem tadellos frisierten Bob friesiert. Selbst ihr Parfum roch teuer. Da sie keinen Mantel anhatte vermutete er, dass ihr vermutlich überteuerter SUV ganz nah beim Laden parkte, da es draußen echt schweinekalt war.
Die Kiste, mit der sich die Frau abmühte, war die eines riesigen Technic Lastwagens mit Drehkran. Das langersehnte Remake des legendären Arocs von 2015 (den er 4-Mal besaß … Teilespender und so … guck nicht so komisch) in einem größeren Maßstab, Ferngesteuert und proppenvoll mit motorisierten Funktionen. Und Shop Exklusiv … also teure UVP ohne Chance auf marktübliche Rabatte … Danke LEGO, echt toll … er besaß ihn daher nur ein einziges Mal und er hatte ihn schon vor im Herbst auf seinem Kanal vorgestellt. Das Set war ab zwölf und er tippte die Frau auf Anfang Vierzig. Er schlußfolgerte, dass sie entweder einen reichen Ehemann hatte (wobei sie keinen Ring trug), aus einer reichen Familie stammte oder einem Job nachging, der einen legal reich machte. Ihr ödes Kostüm sah irgendwie nach Anwältin aus, beschloss er gedanklich. Dann hatte sie bestimmt nach einem Einserabi als Junganwältin durchgestartet, zwischenzeitlich Nachwuchs gezeugt und beschenkte morgen eine quenglige kleine verwöhnte Kackbratze mit einem maßlos überteuertem Berg an Plastiksteinchen. Hatte er erwähnt, dass er Kinder noch weniger mochte als Menschen?
Die Frau drehte sich vermutlich eher unbedacht zu ihm um und ihr Blick streifte seinen Mittlerweile etwas abweisend geformten Gesichtsausdruck. Ihre Augen waren Nussbraun und ihr Makeup war subtil und völlig perfekt. Sie runzelte die Stirn und wirkte erschrocken und verlegen zugleich. Dann registrierte sie den großen rosaroten Karton in seinen Pranken. Sie runzelte die Stirn noch mehr. Er resignierte. Sie machte genau das gleiche mit ihm wie er gerade mit ihr, sie betrachtete ihn abfällig. Einen großen Klotz, etwas dick, dennoch etwas muskulös, in abgetragenen dunklen Sachen, in fünfzehn Jahre alten benutzt aussehenden Wanderschuhen, relativ unrasiert, mit Augenringen von zwei Wochen Nachtschicht und Stress mit scheiß Kunden. Womöglich roch er auch nicht brillant, er hatte heute Morgen weder geduscht noch Deo aufgetragen, und gestern eigentlich auch nicht. Er verzog dass Gesicht zu einer gequälten Grimasse. Dann beschloss er, dass sie ihn hässlich und arm befand und drehte sich wieder nach vorne um.
“Wie alt ist denn ihre Tochter?”
In der Drehbewegung hielt er inne. Das war die Stimme der Frau mit dem Riesenkarton. Er drehte sich wieder zu ihr um. Jetzt runzelte er die Stirn, denn die Frau wirkte ehrlich interessiert. Leichte Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Sie hatte ihn ertappt.
“Hab ich nicht.”
Grunzte er beschämt. Er wollte nicht abfällig belächelt werden, weil er mit Mitte Vierzig Mädchen-Kinderspielzeug für sich selbst kaufte. Kurioserweise biss sich die Frau beschämt auf die Lippen und wirkte verlegen. Vage interessiert holte er zum Konter aus.
“Ist der Arocs für ihren Sohn?”
Jetzt wurde es wild. Ihr Gesicht entgleiste komplett und ihr Gesichtsausdruck verwandelte sich in eine Mischung aus Panik und Unbehaglichkeit. Er bohrte nach.
“Aha, ein Geschenk für ihren Gatten.”
Er verwendete bewusst das alte verpönte Wort für Ehemann um ihr auf den Sack zu gehen. Die Situation verbesserte sich nicht. Sie sah für einen Moment fast so aus, als würde sie gleich heulen. Aha, also wohl doch keine Anwältin, denn die mussten richtig tough und willensstark sein – zumindest war dass seine Vorstellungen von Anwälten, aber woher sollte er als Callcenter Agent auch wissen, in seinem Umfeld tummelten sich nicht sehr viele Anwälte. Vielleicht war sie Bankerin oder sowas in der Art. In der Zwischenzeit hatte sich die Frau wieder ein bisschen gefangen. Die Leute um uns herum warfen uns schon neugierige und stellenweise komische Blicke zu.
“Das ist für mich.”
Flüsterte sie fast. Sein Gehirn setzte für einen Moment lang aus. Nach ein paar Sekunden minimaler Rechenkapazität versuchte er das Gehörte zu verarbeiten. Eine Frau in einem kostspieligen Businessdress Anfang Vierzig gab zu, dass sie einen riesig großen Spielzeug Lastwagen für sich selbst kaufte. Er gab ein vage verblüftes Grunzen von sich und schwieg einen Moment.
“Wir können die Kisten tauschen, bis wir an der Kasse sind, die Kiste sieht ziemlich schwer aus … sofern ich Sie danach auf einen Kaffee einladen darf.”
Einfach mal probieren, dachte er sich, mehr als wegen Belästigung angezeigt zu werden, konnte ihm vermutlich einen Tag vor Weihnachten nicht angehängt werden.
Die Frau starrte ihn verdutzt an, dann lächelte sie warm.
“Ok machen wir, aber ich lad dich ein!”
Er nickte und er nahm ihren schweren Karton und sie seine eher leichte Kiste.
“So ist es nicht so verdächtig. Besser ganz verdächtig typisch.”
Raunte er ihr leise zu und sie lachte warm. 
Tag gerettet.

Der Katastrophenzyklus – Kapitel 2 – Teil 2

„Papa, ich brauch Geld fürs Schwimmbad“
Vernahm er dumpf und grummelte im Schlaf. Seine Tochter drückte die Türklinke herunter, wie immer ohne anzuklopfen und platzte in sein Schlafzimmer.
„Papa, wo ist dein Geldbeutel, ich brauche wenigstens vierzig Euro, wir wollten im Schwimmbadbistro noch Burger essen gehen und ich hab nichts mehr, weil du Blödmann mir wie immer zu wenig Taschengeld gibst.“
Er brummte etwas Unverständliches, während sie ihn mit Informationen bombardierte, mit denen er im Halbschlaf nichts anzufangen wusste. Letztendlich knuddelte er noch fester mit einem dicken Plüschwaran und driftete zurück ins Dämmernde.
„PAPA! Ich brauch Geld, mach was!“
„Geh weg.“
Stieß genuschelt er hervor, noch gedanklich im Traum noch mit wilden Bestien kämpfend, bekam er gar nichts mit, was seine Tochter von ihm wollte, irgendwas mit Schwimmbad.
„Man, du bist so ein Arsch, dabei ist heute mein Geburtstag!“
Mir doch egal, schoss es ihm flüchtig durch den Kopf.
„Moment mal, wer ist das denn?“
Lucys Schritte entfernten sich ein Stück.
„nein … NEIN! Du dummer, dummer Vollidiot!“
Ihre Stimme brach und sie fing an zu heulen.
„Du, du, du Arschloch! Weißt du wie viel Mühe ich mir mit Frau Hofgärtner gemacht habe? Und jetzt fickst du mit deinem Spatzen-Hirn eine andere. Du Scheusal, du blödes, blödes Arschloch! Fick dich doch Papa! Ahhh!“
Sie trommelte mit ihren Händen auf ihn ein, während sie kreischte und schluchzte.
In aufkeimender Wut schoss er aus dem Schlaf hoch und packte ihre zarten Handgelenke.
„Hör auf mich zu hauen und mich zu beschimpfen oder wir blasen deinen Geburtstag ab.“
Sie starrte ihn mit großen rehbraunen Augen an und er hatte ihre volle Aufmerksamkeit.
„Das ist deine Tante, du kleines Scheusal!“
Ihre Augen wurden noch größer.
„Ich hab eine Tante?“
„Ja, Gianna, drei Jahre jünger als ich. Mein Geldbeutel ist im Büro in einer der Schubladen neben dem Schreibtisch, nimm dir da einen Fuffi raus und ich spendiere euch noch ein Eis. Und jetzt marsch.“
Seine Tochter nickte eifrig und zischte aus dem Schlafzimmer. Seufzend ließ er sich zurück in die Kissen sinken.
„Na das ist ja mal ein Herzchen.“
Kam es von seiner Schwester, die sich hingesetzt hatte und im Koffer nach einem frischen T-Shirt fischte.
„Von wegen, das war noch harmlos. Du musst sie erstmal erleben wenn ihr was nicht passt. Bockigkeit und Sturheit pur. Hat sie von ihrer Mutter und bestimmt auch von ihrer Tante.“
„Ich seh schon, ich war aber nie so.“
„Oh doch, du hast es nur verdrängt, das ist alles. Du warst die Pest.“
„Nein, ich bin völlig rational und rein logisch.“ 
Seine Schwester schmollte ein bisschen. Sie hatte den Koffer geöffnet, der penibel aufgeräumt war und angelte nach einer akkurat gefalteten Jogginghose. Die langen Haare band sie sich zu einem Pferdeschwanz hoch.
„Was?“
Sie hatte seinen Blick bemerkt und sah ihn misstrauisch an.
„Och nichts.“
„Noch nie eine nicht völlig bekleidete erwachsene Frau gesehen?“
„In Natura nicht seit Lucys Mutter vor sechzehn Jahren, nein.“
„Oh.“
Sie schien einen Moment nachzudenken.
„Und dein Date, diese Frau Hofgärtner?“
„Ich bin aus dem Alter raus, das man es beim ersten Date sofort treiben muss. Nein wir haben Mario Kart gespielt und einen Film geguckt.“
„Ich seh schon, warum du keine Partnerin hast, du bist eindeutig zu soft. Weder Player noch Bad Boy.“
„Ich bin Papa, da muss ich auch an meine Tochter denken und die braucht im Zweifelsfall eine verantwortungsvolle Mutter und kein Bett-wütiges Party-Häschen.“
Er unterdrückte ein Grinsen, denn Lucys Mutter war in der Tat ein Bett-wütiges Party-Häschen gewesen, aber das sagte er keinem. Assya hatte ihn auch immer gegen seinen Willen in die Clubs oder auf Konzerte mitgeschleift.
„Solange sie einen verantwortungsvollen Papa hat, geht das doch.“
„Ich geb mir Mühe.“
„Indem du ihr sagst, wo du deinen Geldbeutel hast und ihr zu verstehen gibst, das sie sich rausnehmen darf so viel sie will. Das ist nicht verantwortungsvoll. Und dann noch sagen, sie kann sich ruhig einen Fuffi rausnehmen, so lernt sie doch nie verantwortungsvoll mit Geld umzugehen. Mein großer, Chester, hat am Ende der High School ungefähr 30 Dollar Taschengeld im Monat und einen Zuschuss für Benzin bekommen. Du weißt schon, ohne Auto bist du in den USA gestrandet und die Städte etwas außerhalb der Innenstadt sind Fahrradfahr-feindlich. Strodes und son Mist, kennst du ja. Ich freu mich schon darauf wieder im Frühling durch Potsdam zu radeln. Anyway, du kannst nicht einfach deiner Tochter das Geld in der Arsch blasen!“
Sie hatte natürlich recht, er war mies darin ein Kind zu erziehen und kam ständig auf komische Ideen.
„Ich weiß ja zumindest, was ich an Bargeld hab. Alles was sie sich zu viel rausgenommen hat, bekommt sie weniger als Geburtstagsgeld. Das hat sie auf die harte Tour gelernt. Ich denke sie hat ein schlechtes Gewissen, dass sie mich angeschrien hat und nimmt sich maximal 35 raus.“
Die Tür ging deutlich auf und zu und er rappelte sich auf.
„So, Töchterchen ist in drei Stunden spätestens wieder da. Sieh zu. Du duscht zuerst, bei fünf Zimmern wirst du dich schon nicht verlaufen. Also ab ins Bad.“
„Du bestimmst nicht, was ich mache.“
„Dich zu etwas zu zwingen auf das du keine Lust hast, ist buchstäblich unmöglich. Aber heute ist der sechzehnte Geburtstag deiner Nichte, die du gar nicht richtig kennst. Also wäre es schön ihr den Geburtstag nicht zu ruinieren und du wenigstens versuchst eine gute Tante zu sein.“
„Das bin ich bestimmt. Und wenn ich schon mal hier bin, nehme ich mir erst eine traumhafte Badewanne und dusche danach in aller Ruhe.“
„Faule Kuh.“
Sie streckte ihm nur die Zunge raus und stand auf und ging an ihm vorbei in den Flur, machte mal eine, mal die andere Tür auf und stolperte dann ins große Bad. Er war fast schon am überlegen, sie einfach so im Bad einzuschließen. Er verwarf den Gedanken und warf einen Blick auf sein Handy und scrollte durch die ersten Weihnachtsglückwünsche, bei einer SMS grinste er besonders und checkte seine Uhr, Pünktlichkeit war heute wichtig. Dann spurtete er schnell ins kleine Bad und duschte sich. Nach fünf Minuten stellte er das Wasser ab und putzte sich wie gewöhnlich vor dem Frühstück die Zähne. Aus dem Bad vernahm er Giannas Gesumme und sprudelndes Wasser. Er hatte eine maßgefertigte Badewanne in Überlänge, die das Zweieinhalbfache Füllvermögen einer Standardbadewanne hatte, also würde es bei voll aufgedrehten Wasserhähnen gute 30 Minuten dauern, bis die Wanne voll war. Das gab ihm genug Zeit für die gröbsten Vorbereitungen.
In der Küche futterte er schnell drei Bananen und trank eine halbe Dose Red Bull. Nicht ganz gesund, gab ihm aber den Energiekick, den er brauchte. Mit dem Kellerschlüssel in der Hand sauste er los und holte die große Klappkiste mit den Geschenken, das dauerte nur fünf Minuten. Das sorgfältige drapieren unter dem Baum dauerte schon etwas länger, dazu kamen zwei große eingepackte Geschenke, in denen es verdächtig raschelte, sie waren im Schuppen hinter den Putzsachen versteckt, also der Ort wo seine gegen das Putzen regelrecht allergische Tochter niemals im Leben freiwillig suchen würde. Er stellte sie strategisch auf und musterte den Baum zufrieden.
Könnte er etwas seiner Schwester schenken? Er dachte nach, dann hatte er eine Idee, die recht schnell gehen würde, also wieder in den Keller. Er hatte eine große Arbeitsfläche in seinem zweigeteilten Keller. Einen mit einer Trennwand abgetrennten Teil für Basteln und der andere für pure Aufbewahrung, größtenteils für Getränke und seinen Prepperkram, den die meisten seiner Freunde und Verwandte albern hielten. Aber nach Corona und dem Krieg in Osteuropa hatte er gerne genug von allem im Keller um wochenlang bei jedem Wetter durchzuhalten und Neidern und Drecksäcken auf die Glocke zu hauen. Er hatte zwar noch nie jemandem außerhalb von Kampfsporttraining auf die Glocke gehauen, aber er war immer gerne vorbereitet. Und mit dem Bogen war er mittlerweile auch auf mehr als 50 Meter treffsicher und besaß fünf Bögen und hunderte von Pfeilen plus eine Harpune, zwei Armbrüste und mehrere Luftgewehre. Man wusste nie, nein man wusste nie was noch passieren kann. 
Aus einer Ecke nahm er nach kurzem Suchen eins der Pakete mit gestanzten Teilen aus Pappe, die er fast schon routiniert aus den Rahmen herausdrückte und zusammenfaltete und an einigen Stellen mit Klebstoff fixierte. In die verschiedenen Teile legte er Dinge, aus seinem Vorrat. Stifte, einen Block, Gutscheine, Karten, ein Buch, ausgewählte Getränke und Snacks. Danach fügte er alles zusammen und schloss die äußerlich simple und schlichte Box, die er anschließend in Geschenkpapier einwickelte. Zwar vertrieb er die Boxen nicht gewerblich, hatte er doch das Konzept gewissermaßen an eine andere Firma lizensiert, aber unter seinen Freunden und Bekannten waren seine Boxen ein sehr gern gesehenes und beliebtes Geschenk. Die Schablonen für die Formteile entwarf er mit CAD und ließ sie bei einem Spezialisten hier im Haus anfertigen, mal als Kleinserie, mal individuell. Er hatte einen Hersteller gefunden, bei denen er die Formteile praktisch für umsonst bekam.
   In einer Ecke betrachtete er den riesigen Stapel an großen Kisten diverser Klemmbaustein Hersteller, er selbst sammelte eigentlich nur noch CaDA, wenn es um geniale Technik Sachen ging, da war LEGO eigentlich gestorben, aber seiner Tochter zuliebe, die eher Fantasy- und Mädchen-Sachen mochte, kaufte er ihr auch das Plastikspielzeug der Dänen. Die Kisten standen hier unten, damit seine Tochter nicht eifersüchtig wurde, denn für seinen Kanal gab er jeden Monat eine hohe dreistellige Summe für neue Sets aus. Wenn seine Tochter wieder in der Schule war und er die erste Januarwoche noch frei hatte, würde er tagelang auf Vorrat Aufbau-Videos und Reviews drehen, so viel stand sicher. Nicht das sein Kanal doch noch einging, allerdings war er schon mächtig stolz auf die silberne Plakette für hunderttausend Abonnenten seines kleinen Kanals.
Mit der mittelgroßen Box unterm Arm, die ein gewisses Gewicht hatte, verließ er den Keller und schloss ab, summend fuhr er im Fahrstuhl in den dritten Stock, betrat seine überteuerte gigantisch große Wohnung, die ursprünglich eigentlich als reine Bürofläche gedacht war und nur durch Beziehungen und viel Überzeugungsleistungen und einen Batzen Schmiergelder in eine protzige Wohnung umgebaut werden durfte, und legte das dicke Päckchen unter den Baum.
Er sah auf die Uhr und stellte fest, dass es noch gute anderthalb Stunden bis zu Lucys vermuteter Ankunft waren.
   Aus Neugierde ging er in sein Büro, sein Geldbeutel lag neben seiner Tastatur, wo seine Tochter ihn wie immer achtlos hingeworfen haben musste. Sie hatte es nicht so genau mit dem sorgfältigen und vorsichtigen Umgang mit fremden Sachen. Er hatte sie mehr als einmal beim Stehlen oder beim zerdeppern von etwas was ihm heilig war erwischt. Sicherheitshalber zählte er nach und stellte fest, dass sie sich tatsächlich doch nur um die vierzig Euro herausgenommen hatte, braves Mädchen.
Einer Schublade entnahm er einen Briefumschlag aus schwerem edlem Papier und schrieb in schwungvollen Buchstaben den vollen Namen seiner Tochter, also Amber Lucy Schwarz, mit Füller auf die Vorderseite und ging in sein Schlafzimmer. Er öffnete eine unscheinbare breite turmhohe Schranktür mit einem ungewöhnlichen Schlüssel und musterte den großen, halb in die Wand eingelassenen Tresor dahinter. Das war sein Staufach für Sachen, die seine Tochter nichts angingen, im Keller war noch ein zweiter fetter Tresor, sogar noch größer als der hier. Er tippte die achtstellige Kombination ein, auf die keiner kommen würde, es sein denn er wusste, welchen obskuren Panzer in dem mittlerweile eingestellten Onlinevideospiel World of Tanks er am coolsten fand.
Die schwere Tür schwang auf und er öffnete eine der Schubladen und nahm ein fünfzig Euro Noten-Bündel heraus und zählte sechs Scheine ab. Aus einem anderen Fach entnahm er eine Kleinigkeit, die indirekt auch ein Geschenk für Lucy war und steckte sie sich in die linke Hosentasche.
Er schloss den Tresor sorgfältig und legte dreihundert Euro in den Briefumschlag und verschloss ihn. Für eine Haarkurpackung sollte das Geld wohl reichen, wobei ihn seine Tochter bestimmt extra anhauen würde und um Geld bettelte, „immerhin brauchen lange seidig schwarze Haare eben extra viel sorgfältige und regelmäßige Pflege“ betonte sie immer zu sagen um ihm das Geld aus den Rippen zu leiern. 
   Er fand immer, ein nerdiges Hoppelhäschen musste sich nicht wie eine eitle Diva aufführen, aber dann schaltete sie wieder sofort auf trotzig um und heulte ihm die Ohren voll.
Ihm wurde schon bei dem Gedanken schlecht, wie viel sie seit einem guten Jahr jeden Monat für Makeup ausgab, um dann jeden Tag aufs Neue wie ein handelsübliches glattgebügeltes Instagram Model auszusehen, die es wie Sand am mehr gab und seiner Meinung aber auch nichts mit echtem Modeln zu tun hatte. Sie spielte zwar Videospiele als gäbe es kein Morgen, zog sich aber wie eine Schlampe an und postete zu viele Selfies mit perfekten Makeup auf Instagram. Mit vierzehn hatte sie Zeternd und Tobend „Ausgehandelt“ dass ihr doofer Vater gefälligst keine Stimme in der Entscheidung haben darf, was sie an Kleidung trägt. Aber der dumme Trottel namens Papa soll trotzdem immer schön zahlen, wenn sie etwas haben will und zwar sofort. Vielleicht war er doch ein rückratloses Weichei, zumindest hatte er ihrem Willen immer schön gehorcht und ließ sie tragen was sie wollte, aber bei dem Zicken-Terror den sie hin und wieder an den Tag legte, wollte er in erster Linie seiner verdammte Ruhe, wenn er schon spielend zehn Stunden täglich arbeitete um ihr verschwenderisches Teenie-Leben zu finanzieren, für das sie sich nie bedankte. Sie beschwerte sich trotzdem in einer Tour, dass er sowieso eh immer alles falsch mache, irgendwann schaltete er dann auch auf Durchzug und widmete sich seinen Escapism-Hobbies wie Zocken, Schreiben und Klemmbausteinen. Eigentlich hatte er letzten Freitag gehofft, sie wäre wieder etwas umgänglicher, aber sie hatte es auch nur getan, weil sie sich in den Kopf gesetzt hatte eine Freundin für ihn zu besorgen, weil sie eine Mama haben wollte.
   Tja, wenn sie sich so anziehen wollte und Schwachsinn tragen wollte, dann bitte sehr, er hatte damit nichts zu tun. In erster Linie war es zu viel Makeup, viel zu viel. Ihre Mutter hatte nie Makeup getragen, und sie hatte es regelrecht als abstoßend gefunden, wenn eine Frau Makeup trug um Männer zu täuschen, wie sie es zu nennen gepflegt hatte. Er hatte seine Tochter eben ausgesprochen schlecht erzogen, fand er. Arbeite jeden Tag bis in die Abendstunden und füllte sie mit Geld ab, damit sie ihn während seiner bescheidenen Freizeit nicht auf den Keks ging. Und dann die Beschwerde Freitag, dass sich ihre besten Freundinnen zu Schicki-Micki Gören entwickelten … er schleppte diese ganzen furchtbaren Mode- und Lifestyle Magazine nicht an und kaufte sich Unmengen Kosmetika und Outfits mit knappen Ausschnitt … schlimm genug dass er Vollidiot sich breitschlagen ließ, ihr auch noch bereitwillig Geld für Makeup und viel zu häufige Besuche beim Hairstylist in die Hand zu drücken. Selber Schuld du rückratloser leichtsinniger Vollidiot!
   Manchmal zählte er die Tage bis zu ihrem achtzehnten Geburtstag, wobei er genau wusste, dass er selbst auch erst mit 24 von zuhause ausgezogen war. Und so ernst, wie sie ihre Schulbildung nahm, würde er sie wahrscheinlich noch lange an der Backe haben.
   Er arrangierte die Pakete um und war noch ein Stück zufriedener. Danach pilgerte er in die Küche und deckte den Tisch für vier Personen. Lucifer war aufgetaucht und schmiegte sich an sein Bein, nach einer intensiven Streicheleinheit machte es sich der Kater auf einem Stuhl bequem und schnurrte zufrieden.
   Im Kühlschrank stand schon die mächtig große Schokotorte mit Schokocreme-Füllung und Marzipandeckel bereit, die er gestern gebacken und verziert hatte. Eigentlich war es vom Rezept her die Torte, die ihm seine Mutter jahrelang zu seinem Geburtstag gebacken hatte, nur größer – passend eben für zwei Vielfraße. Er war dazu übergegangen, die Schokotorte für sich selbst zu backen, als er in diese Wohnung eingezogen war und seine Tochter fand die Torte so gut, dass sie sich diese auch zu ihrem eigenen Geburtstag gewünscht hatte, als sie fünf gewesen war. So gab es seitdem mindestens zweimal im Jahr Schokocreme-Torte – einmal zu Weihnachten und einmal kurz vor Ostern. Bei Kindergeburtstagen hatte er ruhig mal einen ganzen Tag lang Torten, Kuchen, Muffins und Gebäck gebacken um die Brut zu bespaßen. Und dann gab es immer eine, von seiner Mutter aus der Ferne ausgetüftelte Schatzsuche. Zumindest war das gut gegangen, bis sie zwölf gewesen war, danach war ein Geburtstag schrecklich schief gegangen und er organisierte stattdessen lieber Karten für einen Event für sie und ihre Freundinnen.
   Sorgfältig schnitt er die Torte in acht große Stücke, wovon seine Tochter vermutlich die Hälfte verputzen würde.
   Es würde frisch gepressten Orangensaft und Kakao für Lucy geben, die Kaffee eigentlich nicht so richtig mochte. Zum Glück hatte er eine elektrische Saftpresse und machte sich ans Werk. Lucy bekam das größte Glas Saft und er tat ihr das größte Stück Torte auf. Mit dem Kakao würde er warten, bis sie da war, zudem würde sie für gewöhnlich nochmal in Ruhe duschen, seine Tochter hasste den Chlorgeruch nach dem Schwimmen. Und dann würde sie sich eine halbe Stunde schminken … ach ja.
   Jetzt stand er unschlüssig in der Wohnung herum. Der Küchentisch war sorgsam vorbereitet, der Baum geschmückt, jetzt fehlte nur noch seine Tochter. Er tigerte zur Badezimmertür und linste durch das Türschloss, Gianna planschte in der Badewanne und machte Motorengeräusche eines Flugzeugs, während sie mit den Fingern eines nachahmte, das über sie hinwegzischte. Von wegen er war der einzige in der Familie Schwarz, der kindisch war.
Vom Nachttisch nahm er sein Handy und ein Taschenbuch und ging ins Wohnzimmer, um das sechste Werk eines befreundeten Autors zu lesen, solange seine Tochter noch in der Schwimmhalle war. Er las etwa eine gute Stunde, als sich die Haustür öffnete und er legte das Buch weg und ging in den Flur. Lucy zog sich gerade die Schuhe aus und stellte den Rucksack ab.
„Das nasse Zeug bitte im Bad aufhängen Lucy.“
Sie schreckte zusammen und drehte sich zu ihm.
„Muss ich das machen? Heute ist doch mein Geburtstag!“
Er seufzte, sie hätte es auch so nicht gemacht. 
„Ich geh nochmal schnell duschen.“
„Lucy?“
Sie sah ihn bemüht unschuldig an.
„Kein Makeup, wir wissen alle, dass du totale Akne hast, die musst du nicht noch mit Foundation zuspachteln, das ist in deinem Alter völlig normal. Außerdem, wem willst du mit Makeup etwas vormachen, das ist doch falsch gegenüber deiner Familie.“
Sie sah etwas betreten zu Boden, nickte kurz wenig überzeugt und tappte ins kleine Bad – ins große ging sie nie, wahrscheinlich hatte sie ein schlechtes Gewissen, wenn sie die Waschmaschine sah. Wo war seine Schwester überhaupt?
   In seinem Schlafzimmer hängte er die trockene Bettwäsche von Vorgestern ab und hängte Lucys nasse Schwimmsachen auf, die sie nicht einmal richtig ausgewrungen hatte und dementsprechend klatschnass waren. Kleines Biest.  
   Dann ging er in die Küche, Gianna saß auf der Bank und blätterte in einem Teeniemagazin, die Lucy ständig anschleppte.
„Interessant?“
Sie sah nicht auf.
„Durchaus, was mir in meiner Jugend nur alles entgangen sein muss. Schrecklich über welchen Klatsch sich Teenie-Gören von heute aufregen.“
„Vorsicht, deine Nichte ist auch eine Teenie-Göre!“
„Stimmt, aber gerade ist sie nicht da, ich glaube du kannst schon mal Kaffee aufsetzen. Außerdem hast du ihr noch gar nicht zum Geburtstag gratuliert, nur gemaßregelt. Das macht ein guter Papa aber nicht!“
Er biss sich auf die Lippen, das stimmte. Resigniert füllte er die French Press Kanne mit heißem Wasser.
„Wir können uns Zeit mit dem Kaffee lassen, sie wird erst eine gute Viertelstunde heiß Duschen und dann eine Viertelstunde Föhnen. Manchmal wünschte ich, sie hätte kürzere Haare. Zu mindestens bleibt uns eine halbe Stunde Schminkerei erspart. Sie hat schlimme Akne und überspachtelt sich trotzdem jeden Tag aufs Neue die armen Poren.“
„Mhm, kurze Haare müssen einem aber stehen und das tut‘s vielen eben nicht. Und lass deine Tochter doch mal in Ruhe, seit ich hier bin und sie gerade Mal nicht zur Stelle ist hackst du ohne Unterlass auf deiner Tochter rum und das auch noch an ihrem Geburtstag. Ich rede nie schlecht über meine Söhne, auch nicht hinter ihrem Rücken. Aber gut, die sind nicht so widerspenstig und zickig wie deine Tochter.“
Er setzte sich auf einen der Stühle, die lange Eckbank war L-förmig plus drei Stühle um den Tisch verteilt. So konnten insgesamt sechs Menschen Platz nehmen, im Wohnzimmer konnten mit ausgeklappten Tisch bis zu zehn Menschen am großen Tisch sitzen. Er wusste nicht warum er sich so einen großen Tisch gekauft hatte, schließlich verwendeten sie ihn effektiv nur dann, wenn die ganze Familie zusammen kam und das passierte eigentlich nur einmal im Jahr rund um Silvester. Aber er war gut für Brettspielorgien mit seinen Freunden, gerade seine Pen&Paper Eigenkreationen waren sehr beliebt, deren Level aus LEGO Steinen gebaut waren.
„Sag mal, warum hast du Trottel eigentlich für vier gedeckt? Wir sind doch nur zu dritt oder ist das eine Art running Joke, dass diese blöde Katze da mit am Tisch sitzt?“
Lucifer tat ganz unschuldig, während er auf seinem Stuhl saß und schnupperte, immerhin hatte Joschi Räucherlachs und Roastbeef gedeckt, die Leibspeisen des Katers. Gianna sah ihren großen Bruder misstrauisch an, als Antwort lächelte er sie geheimnisvoll an.
„Wir warten noch einen Gast. Sozusagen Lucys größtes Geburtstagsgeschenk. Sie müsste jeden Moment eintreffen, sofern ICE und Anschluss nicht Verspätung hatten.“
„Soso, eine geschenkte Person, wusste gar nicht das Sklaverei in Deutschland erlaubt ist.“
Sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und schüttelte mit dem Kopf. Wenn man vom Teufel sprach klingelte es an der Tür. Joschi schoss zur Tür und drückte auf den Summer und wartete an der Haustür, Gianna war neugierig in den Flur getreten. Joschi machte die Tür weit auf und war gespannt.
Nach zwei Minuten öffnete sich die Tür des Fahrstuhls und eine Frau mit asiatischen Gesichtszügen trat heraus, der Blick ihrer dunklen Augen fixierte ihn und ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem breiten Grinsen. Ein sehr schiefes Grinsen, was sie der hässlichen großen Narbe auf der linken Wange zu verdanken hatte, die sich von knapp über dem gesunden linken Auge bis runter zum Kinn erstreckte. Im Nu stand sie vor ihm – sie war etwa einen Kopf kleiner als er.
Sie war schwer behangen wie ein Weihnachtsbaum, eine riesige Kamera hing ihr vor der Brust, der Rucksack in Tarnfarben auf ihrem Rücken war gewaltig und mit einer Hand schleppte sie noch eine zusätzliche Reisetasche. Sie strahlte über beide Ohren und er ebenfalls.
„Komm rein. Ist schon alles vorbereitet.“
Auf der Türschwelle stolperte sie in eine feste Umarmung mit ihm. Sie roch als hätte sie seit Wochen nicht geduscht, aber das störte ihn nicht. Wichtig war doch nur, dass sie wieder vereint waren.
„Kann ich mein Zeug irgendwo abstellen?“
Ihr Deutsch war richtig gut geworden, stellte er fest, und ihr früher sehr markanter russischer Akzent war nur noch mit viel Fantasie zu erahnen.
„Klar komm mit. Ich nehme die Tasche.“
Sie hielt kurz inne um sich die schweren schlammverkrusteten Stiefel auszuziehen. Dann drückte sie ihm die schwere Reisetasche in die Hand und folgte ihm in löchrigen Wandersocken. Sie schien ganz schön schlapp zu sein, aber sie sah sich aufmerksam und neugierig um. Sie winkte Gianna im Vorbeilaufen kurz zu. Er führte sie ins Schlafzimmer wo sie ihren schweren Rucksack absetzte und die große teure Kamera sorgsam auf sein Bett legte. Dann sah sie ihn liebevoll mit Tränen in den Augen an.
„Ich hab dich so vermisst!“
„Und ich erst, nah komm mal her.“
Er beugte sich zu ihr runter und küsste sie auf den Mund. So standen sie einen Moment, sie wussten beide, dass es Monate dauern würde, sich alles zu erzählen. Widerwillig löste er sich von ihr.
„Kann ich mich hier irgendwo frisch machen? Ich stinke drei Meilen gegen den Wind und mir ist ein Fell gewachsen, das ist ganz schlimm.“
Er schmunzelte, sie hasste unerwünschte Körperbehaarung, schon immer. Was ein Problem war, weil sie um die Welt bis in die entlegensten Winkel reiste und die meisten Orte in denen sie landete eher keine Waxing-Studios hatten.
„Klar, das große Bad müsste frei sein, meine Tochter duscht immer nur im kleinen Bad.“
„Gut“
Sie zögerte.
„Wie ist sie?“
„etwas furchtbar und zickig ohne Ende, fürchte ich. Aber hin und wieder ist sie ein liebes Mädchen.“
Sie sah ihn mit einem schwer zu deutenden Blick an.
„Ich hab keine frischen Sachen dabei, ich hatte leider keine Zeit zum Shoppen.“
„Macht nichts, ich habe noch ein paar Kisten mit deinen Sachen von früher. Gewaschen und gebügelt. Nach Größe und Farbe sortiert. Wenn du nicht überraschend fett geworden bist, sollten sie noch passen.“
„Super, vielen Dank. Das ist so typisch du, dass du alles sortierst. Aber ich bin nicht fett!“
Sie knuffte ihn in die Seite, dann zwinkerte sie ihm zu und stieg aus ihren Tarnklamotten, echte Real Tree Tarnsachen, nicht Armee-Gerümpel. Er stieg auf sein Bett und griff nach einer von mehreren umzugskartongroßen Pappkisten mit ihren alten Sachen und stellte sie ab. Er guckte hinein und reichte ihr nach einer halben Minute Wühlerei ein paar Sachen.
„Ich hab noch Shampoo und so Zeugs für Damen wie dich.“
„Oh wie schmeichelhaft. Wo ist das Bad?“
„Gleich nebenan, stell dir vor, da hätte unser altes Wohnzimmer zweimal reingepasst.“
„Du übertreibst, oder?“
„Du siehst es ja gleich.“
Er drückte die Tür zum Bad auf und ihr klappte die Kinnlade herunter.
„Oh cool, sinnlos riesig und sogar barrierefrei. Immerhin mit Trockner und, ach du spinnst doch, einer Saunakabine. Fehlt nur noch der Whirlpool.“
„Der ist in der Saunalounge hinter der Milchglaswand, den benutze ich öfters, Die Saunalounge hat auch Kaffeemaschine, Snackbar und Kühlschrank. Warte Ich bring dir noch ein Duschtuch. Den Stapel mit den frischen Sachen lege ich auf die Waschmaschine. Dahinten im unteren Schrank links ist Shampoo alphabetisch nach Sorten sortiert.“
„Alles klar. Danke dir. Dann müssen wir unbedingt mal schwitzen gehen.“
Sie zog ihre Unterwäsche aus und verschwand mit einer Flasche Shampoo in der geräumigen Dusche. Sie war schlank, fast schon ein bisschen zu dünn, aber so wie er kochte, würde sie demnächst heftige Workouts machen um weiterhin so schlank zu bleiben. Ansonsten war alles beim Alten: schön knackiger Po und fast so flach wie ein Brett. Aber ein schön geformter Po war ihm wichtiger als pralle Oberweite.
   Aus dem Wäscheschrank im Schuppen entnahm er ein mintfarbenes Duschtuch, das nach Weichspüler duftete, holte noch eine große Halbliter Dose Red Bull aus dem Kühlschrank und legte es ihr zusammen mit den frischen Kleidern auf die Waschmaschine, sie sah aus, also könnte sie etwas Energie vertragen. Wieder in der Küche schenkte er sich und Gianna Kaffee ein, seine Schwester schien vor Neugierde zu platzen.
„Wer ist das denn jetzt bitte?“
„Och, nur eine alte „Freundin“ von früher.“
„Ihr scheint euch ja echt nahe zu stehen.“
„Du kannst dir gar nicht vorstellen wie sehr.“
Lucy kam als erste mit feuchten Haaren und mehr oder weniger im Schlafanzug in die Küche getappt. Immerhin hatte sie auf Makeup verzichtet. Er stand auf und umarmte sie fest, um nicht zu sagen er erdrückte sie.
„Ey Papa, ich krieg keine Luft mehr!“
Presste sie hervor und er lockerte die Umarmung ein bisschen.
„Herzlichen Glückwunsch zum sechzehnten Geburtstag, Lucy.“
Dann löste er die Umarmung und klopfte ihr auf die Schulter.
„Wo sitz ich?“
„Wo das größte Stück Torte auf dich wartet. Möchtest du einen Zotter Kakao?“
„Nein ich möchte mal Kaffee ausprobieren, kannst du mir einen machen?“
„Klaro.“
Er machte ihr den Becher halbe-halbe mit geschäumter Milch und Kaffee voll und versenkte zwei Würfel Zucker darin.
„Bitte sehr Geburtstagskind.“
„Danke sehr.“
Sie musterte den Tisch, dann hellte sich ihre Miene auf als sie den vierten Teller bemerkte.
„Hast du Frau Hofgärtner eingeladen?“
Er schnaubte amüsiert.
„Nein diesmal nicht, aber diese Person möchte dir unbedingt zum Geburtstag gratulieren.“
Sie runzelte die Stirn.
„Wer ist das denn?“
Verunsicherung lag in ihrer Stimme.
„Na weißt du, ich dachte ich könnte auch mal nach einer Frau Ausschau halten, die eine gute Mutter für dich sein könnte.“
Ihre Augen füllten sich zu seiner Bestürzung mit Tränen.
„A … Aber das h … hab ich doch schon längst gemacht!“
„Aber weißt du Lucy, ich glaube so funktioniert die Welt nicht.“
„Aber Frau Hofgärtner ist doch so eine gute Wahl, ich will sie als Mama, nicht irgendwen!“
„Lucy, das Leben ist kein Wunschkonzert.“
„Ich will aber! Ich such mir meine Mama aus, da hast du nichts zu sagen.“
Sie verschränkte trotzig die Arme und schniefte.
„Lucy nein, ich hab das letzte Wort in dieser Angelegenheit!“
„Du bestimmst aber nicht mein Leben.“
„Da ich hier die Rechnungen zahle, bin ich auch der Bestimmer.“
„Du bist ein furchtbarer Papa.“
„Aber ein guter Ehemann.“

Bio Kartoffelpuffer

Kulinarischer Alpraum vom Feinsten.

Ich bin gerade zu Besuch bei meinen Eltern und als Lückenfüller wollten wir Freitag Abend etwas Schnelles und Unkompliziertes, was aber trotzdem lecker und schmackhaft ist. Nach einigem Hin und Her haben wir uns auf Kartoffelpuffer mit Apfelmus geeinigt und eingekauft. Die Bio Marke einer großen etwas höherpreisigen Supermarktkette, die ich nicht nenne, könnte ja als Werbung interpretiert werden … in diesem Fall eher als Warnung.

Ich also vorhin die Kartoffelpuffer in die Pfanne gehauen, den Tisch gedeckt und das Glas Apfelmus aufgemacht. Das Resultat ein paar Minuten später war verhalten. Der Unmut war groß. Ungesüßtes Apfelmus, das scheinbar auf die Verarbeitung süßer Äpfel vollkommen verzichtet hat und Kartoffelpuffer, die fad wie Pappe schmeckten. Das Apfelmus war so erbärmlich unsüß, dass es nur unter der Beriselung löffelweise Zimtzuckers in einen auch nur annährend lecker zu nennenden Zustand gebracht werden musste. Bäh.

Wenn ich schon das gewisse Etwas in hart erkämften Euronen auf den Tisch klatsche, will ich doch wenigstens was leckeres haben. So greife ich beim nächsten Mal garantiert zu nicht-bio Kartoffelpuffer und Apfelmus und hole mir von der Euro-Differenz ein Eis oder eine Packung Kekse.

Das Osiris Genom – Leseprobe

Kaz wusste diesen Omega Hound sehr zu schätzen, den ihm sein bester Freund Horatio Blazkowicz, Spitzname Xen, vor ein paar Jahren zum fünfzigsten Geburtstag geschenkt hatte. Als CEO und Gründer des polnischen Automobil- und Rüstungskonzerns Omega hatte er den Hound vermutlich aus der Portokasse bezahlt. Das Modell war damals brandneu gewesen. State of the Art und vollgestopft mit Hightech und Luxus. Ein mächtiger völlig lautloser Elektromotor schlummerte unter der Haube und die Batterie bestand aus völlig neuartigen Materialien. Das resultierte in einer sensationell großen Reichweite und der Bedarf der Aufladung war eher selten. Sein Hound, den er liebevoll Percy getauft hatte, war jetzt bis unter das Dach und darüber hinaus mit seiner Camping- und Jagdausrüstung vollgestopft. Er hatte sich mit ein paar Freunden in Montana auf eine Jagd in den winterlichen Bergen verabredet. Eigentlich war ihm das im Dezember zu kalt, aber er hatte sich dann doch breitschlagen lassen. Einem Navy SEAL wie Simon konnte man immerhin schlecht absagen.
   Er fuhr eine recht kurvige Straße durch einen riesigen Wald mit Nadelhölzern. Eine schöne Gegend und er hatte die Fenster runtergefahren und genoss bei recht langsamer Fahrtgeschwindigkeit und nahezu lautlosem Motor die Geräusche der Natur. Dann hörte er plötzlich lautstarkes Hupen hinter sich und ein Wagen überholte ihn. Ein generischer SUV rollte an ihm vorbei. Eine Frau mit kurzen braunen Haaren warf ihm vom Beifahrersitz einen giftigen Blick zu und im Fond streckte ihm ein Mädchen im Teenager-Alter frech die Zunge heraus. Pff, sollten sie ihn doch überholen, er war ohnehin viel zu früh dran. Warum mussten die auch so rasen hier mitten im Nirgendwo. Das nächste Örtchen war Stunden entfernt. Sicherheitshalber drückte er auf einen verborgenen Knopf und klappte einen Bildschirm zu seiner Rechten aus. Zwei Punkte erschienen, von denen sich der eine zügig entfernte – sein Radar, einer der vielen eigenen Modifikationen an seinem Hound.
   Er fuhr eine halbe Stunde gut gelaunt weiter, bis er aus der Ferne das dumpfe Wummern eines großkalibrigen MGs hörte, dazu das kurze Rattern von automatischen Waffen. Verdammte Scheiße, Clowns! Das oder ein Gerangel zwischen Clowns und den Animals. Er fuhr die Kugelsichere Seitenscheibe hoch und beschleunigte.
   Da, der SUV von vorhin lag schief im Straßengraben, gegen einen Baum gekracht und eine Rauchwolke drang aus dem Motor, lange Bremsspuren zierten die Straße. Ein Konvoi der Clowns parkte auf der Straße. Zwei gepanzerte Pickups und ein Mannschaftswagen, alle grellbunt lackiert. Offene MG Türme waren auf der Ladefläche der Pickups montiert. Ein paar Typen mit Clownsmasken standen auf der Straße mit Waffen in den Händen. Lautlos hin oder her, sie würden ihn bald bemerken. Die dreckigen Wichser. Terroristen und Mörder. Und man schimpfte ihn einen Waffennarren und einen Psychopaten. Na dann wollen wir doch mal sehen.
   Er gab sich einen Chem Kick und Adrenalin pumpte durch seinen Körper als er die laute dröhnende Hupe betätigte und feste aufs Gas trat, der schwere gepanzerte Geländewagen beschleunigte sofort und donnerte die Straße entlang. Das vordere MG nahm ihn aufs Korn und Kugeln prasselten auf die Windschutzscheibe, wo sie wirkungslos abprallten. Er wurde immer schneller und schneller und rauschte heran. Die Clowns auf der Straße bewegten sich hektisch in alle Richtungen. Den ersten Clown erwischte er volle Kanne frontal und wurde durch die Luft geschleudert. Den zweiten streifte er und dieser ging mit einem qualvollen Aufschrei zu Boden. Fünfzig Meter weiter machte er einen U-Turn und bremste ab.
   Der erste Clown regte sich nicht mehr, der zweite wälzte sich verkrümmt auf dem Asphalt. Die Reifen drehten durch als er erneut das Gaspedal bis zum Anschlag voll durchdrückte. Percys Sensorik projezierte das Abbild des verletzten Clowns vergrößert auf die Windschutzscheibe. Kaz Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln der Genugtuung, als er die kalte Angst in den schmerzverzerrten Augen des Clowns halb verdeckt durch die Clownsmaske erkannte. Augen die schon wussten, was passieren würde, bevor es passierte.
Es dauerte nur einen Bruchteil von Sekunden und der nahezu drei Tonnen schwere Koloss des Hounds walzte über den Clown hinweg wie eine Lawine.
Er griff ins Handschuhfach, entsichicherte seine FN Five-Seven und schob den Schlitten zurück um eine frische Kugel in die Kammer zu schieben. Die beiden MGs wummerten weiter wirkungslos. Er hielt an stieg im Schutze der gepanzerten Fahrertür aus und flitzte zum Kofferraum wo er das beinahe griffbereite Heckler und Koch HK417 Sturmgewehr nahm und in einen leichten Kampfanzug schlüpfte, das war so minutiös und regide eingeübt, dass es keine dreißig Sekunden dauerte – er hatte oft mit Clowns zu tun und war bestens auf diese Brut vorbereitet. Im Armschutz war ein Monitor eingelassen, sofort erschienen mehrere Ziele mit der grobgezeichneten Umgebung darauf, die Percys mächtige Sensorik erfasste. Er entsicherte das Gewehr und überprüfte ob eine Kugel in der Kammer war. Derweil fuhr ein MG-Turm aus Percys Dach und deckte den einen Pickup mit Sperrfeuer vom Kaliber 7,62 mm NATO ein, mit panzerbrechender Munition. Dann lugte er um das Auto herum, das MG des vorderen Pickups hatte aufgehört zu feuern und er schoss ein paar schnell gezielte Schüsse auf den Schützen ab. Ein qualvoller Aufschrei zeigte ihm, dass er getroffen hatte. Mit einem Kopfschuss servierte er den Verletzten ab. Das Gewehr im Anschlag tastete er sich zum Pickup vor, während ihm der Geschützturm weiterhin Deckung gab. Den Aufschreien nach zu schließen, war die Treffergenauigkeit des Turms ziemlich hoch, Hal und er hatten das Programm dazu entwickelt, das den Turm steuerte. Die Kalibration priorisierte präzise Schüsse mit letaler Wirkung.
   Er wagte sich um den Pickup, drei Schüsse auf den Beifahrer, der gerade aus dem Pickup stürzte, zwei in die Brust, einer in den Kopf. Er überprüfte den Bildschirm am Unterarm. Vier Ziele, drei im Pickup, einer schien sich hinter dem Motorblock zu verstecken, zwei Meter von ihm entfernt.
   Er ging in die Hocke und späte unter dem Vorderrad des aufgemotzten Pickups nach Vorne und entdeckte ein paar Füße in Turnschuhen. Er legte sich lautlos auf den Bauch und gab zwei Schüsse ab. Ein verzerrter Schrei zeugte von einem Treffer und der Clown verlor das Gleichgewicht und stürzte. Mit einer kurzen Salve erledigte sich das Problem. Dann tippte er auf seinem Armschutz herum. Ein fauchendes Zischen ertönte und eine Lenkrakete krachte in den verbliebenen Pickup, der gerade abhauen wollte und jagte ihn in einem mächtigen Feuerball die Luft. Er ging aus der Deckung und beobachtete aus den Augenwinkeln wie brennende Trümmerteile auf den Boden prasselten. Keine Ziele mehr auf dem Display, aber das hieß nichts. Die Waffe im Anschlag rannte er zum Mannschaftsbus und riss die Tür auf, nichts, er observierte die Umgebung, fand aber nur Tote vor. Jetzt hieß es zu handeln, bevor Polizei hier eintraf oder Verstärkung der Clowns, auch wenn er in dieser einsamen Gegend deutlich mehr Zeit zur Verfügung hatte, als in dichter besiedelten Gegenden. Dennoch, Konvois wurden oft von Luftunterstützung begleitet und gegen ein Gunship reichten auch seine kleinen Raketen nicht aus. Also besser, er beeilte sich.
   Er schulterte das Gewehr und spurtete zum SUV im Straßengraben unter dessen Motorhaube dunkler Rauch hervorquoll, begleitet von ersten Flammen, die gierig am auslaufenden Benzin leckten, der Motorblock war nach den Einschlägen völlig hinüber. Er riss die Fahrertür auf. Ein Bild des Gemetzels zeigte sich ihm. Großkalibrige Munition hatte das innere des Wagens regelrecht zerfetzt. Nachdenklich musterte er die Frau auf dem Beifahrersitz. Eine Kugel hatte ihren Kopf getroffen und Blut, Hirnmasse und Knochensplitter im Wagen verteilt – eine Identifikation würde schwierig werden. Der Anblick und der Geruch des Todes ließen ihn kalt, er war zu alt, als dass ihn das noch schocken würde, dafür hatte er mit seinen dreiundfünfzig Jahren zu viel gesehen.
   Mit behandschuhten Händen durchsuchte er den vorderen Teil des Wagens und nahm Handys und Brieftaschen und alles mit, was ihm nützlich erschien und die Personen identifizieren konnte. Dann warf er einen Blick in den Fond.
Er war viel gewöhnt, aber schlucken musste er dennoch als er den völlig zerfetzten Körper eines Jungen von vielleicht 12 Jahren sah, so früh sollte niemand sterben und vor allem nicht so brutal. Sein Blick wanderte zum letzten Passagier, ein Mädchen im Teenageralter. Sie war vornübergebeugt und über und über mit Blut und Hirnmasse der Toten auf dem Beifahrersitz bespritzt, ein Streifschuss am linken Oberarm blutete heftig und es schien als wäre sie bewusstlos. Schnell lief er um das Auto herum und öffnete die Tür auf ihrer Seite, sie hing leblos in den Gurten. Er prüfte ihren Puls und atmete erleichtert auf, sie lebte. Sanft schüttelte er sie, aber sie musste sich beim Crash ordentlich die Birne gestoßen haben, zumindest hatte sie eine Platzwunde und ihr lief die rote Suppe ins Gesicht. Er schnallte sie ab und trug sie zu seinem Wagen, wo er ihre Wunden ausspülte, sie zusammenflickte und ihr einen Verband anlegte. Kaz würde sie mitnehmen, besser so, als an einem solchen Schauplatz halb erfroren von korrupten Cops gefunden zu werden. Das hieße allerdings, dass er seinen Trip abbrechen und zurück zu seiner Ranch in Texas fahren würde. Er setze sie in Percys Fond und schnallte sie in eine Decke gewickelt an. Dann verstaute er sein Equipment sorgfältig und machte sich daran, Beweismaterial zu sichern. Er fotografierte das Gesicht und die Handabdrücke jeden toten Clowns und durchsuchte den Mannschaftswagen nach verwertbaren Unterlagen. Nach wenig ergiebiger Suche ging er zurück und durchsuchte auch den SUV nach den Sachen des Mädchens, dessen Front mittlerweile lichterloh brannte und erste Teile der umliegenden Vegetation in Brand gesetzt hatte. Er fand einen großen grünen Wanderrucksack, dessen Inhalt auf rebellisches Mädchen schließen ließ. Das und eine verwöhnte Göre vom Feinsten, was er nach einem flüchtigen Blick auf die Designer-Klamotten und den Spectre Edel-Laptop schloss, gerade im Vergleich zu den restlichen eher gebraucht wirkenden Sachen der Familie. Dann stieg er in seinen Wagen ein, legte die gesicherte Five-Seven ins Handschuhfach, biss genüsslich von einem angebissenen Sandwich ab, dass er sich bei der letzten Omega Station gekauft hatte, spülte den Bissen mit einem großen Schluck genüsslich heißem Kaffee aus einer bereitstehenden Thermoskanne runter und fuhr los.

*
Er setzte einen Notruf an den Widerstand ab und grübelte. Wahrscheinlich würde man das als Verkehrsunfall abstempeln oder besser noch völlig vertuschen. Alle hatten Angst vor der Terrorherrschaft der Clowns und keiner wollte der Nächste sein. Wenn man ihn hier fand, war er der Nächste auf der Liste, das war ihm klar, abgesehen davon dass ihn die korrupten Cops wegen mehrfachen Mordes einsperren würden. In den Nachrichten würde darüber nichts zu hören sein, die Clowns gingen sorgfältig dabei vor, alle Meldungen von Niederlagen und Verlusten auf ihrer Seite zu verschweigen. Aber es war nicht das erste Mal, dass er mit ihnen konfrontiert wurde und wenn er die Clowns zählte, die in seiner Anwesenheit versehentlich Hopps gegangen waren, reichten Hände und Füße zum Zählen längst nicht mehr aus. Auf jeden toten Clown gab es eine Prämie, er war zwar nicht darauf angewiesen, aber er würde es für das Mädchen anlegen. Auf die Toten der Familie Straub wartete nur noch eine Beerdigung, man konnte nichts mehr für sie machen, aber das Mädchen lebte noch.
   Dann machte er sich auf die Reise nach Hause, die Clowns würden mit Verstärkung zurückkommen und ihn suchen, besser er verschwand von hier und sagte seinen Kumpels Bescheid. Zu seiner Erleichterung zeigte sein Langstreckenradar keine unmittelbar als gefährlich einzustufenden Ziele, daher drehte er das Radio auf und wählte einen Codec der nur den Anhängern des Widerstandes gegen die Clown-Brut bekannt war. Er hatte in der Gesäßtasche des Mädchens einen dünnen Edel-Geldbeutel mit ihrem Ausweis gefunden, ungewöhnlich dass sie keine Handtasche besaß, zumindest hatte er keine gefunden. Sie hieß Amber Straub – ein schöner Vorname, fand er. So hätte er vielleicht auch eine Tochter benannt, wenn er sich nicht vor langer Zeit gegen Kinder entschieden hätte. Amber. Bernstein – wie die ungewöhnliche Farbe ihrer schönen orangenen Augen.
   Er fuhr weiter und hörte nur mit halbem Ohr mit, während die Nachrichten aus den Lautsprechern an ihm vorbeirauschten. Ungezählte Meldungen von weiteren Angriffen der Clowns erreichten ihn während er missmutig zügig weiterfuhr. Hin und wieder horchte er auf, als von einem heroischen Angriff seitens des Widerstands berichtet wurde. Nach etwa drei Stunden ohne weitere Zwischenfälle erreichte ihn eine beunruhigende Nachricht, auf die er fast schon gewartet hatte.
„In Montana wurde heute die unglückselige Familie Straub ausgelöscht. Andy Straub, dekorierter US-Marine, mit seiner Frau Josephine und seinem Sohn Josef. Dazu kamen die Großeltern bei einem von den Clowns gelegten Feuer ums Leben. Glücklicherweise konnte die 16-jährige Amber Straub gerettet werden, aber das ist nur ein schwacher Trost. Das war ein schwarzer Tag für das freie Amerika, passt auf euch auf Leute.“
   Er drehte das Radio wieder leiser und trat ordentlich aufs Gas bis die Nadel auf der 140 km/h Marke stand, ganz schön schnell für einen dicken schweren vollbeladenen SUV, der eigentlich schon in die Kategorie Radpanzer gehörte, wenn auch ein Radpanzer mit Lederpolstern und Getränkehaltern. Bei dem Gedanken schmunzelte er.
   Als die Sonne unterging wachte das Mädchen auf. Sie blinzelte mit flatternden Lidern und verzog das Gesicht grunzend zu einer schmerzverzerrten Grimasse. Im Crash hatte sie ordentlich was abbekommen, aber immerhin lebte sie und schien keine Gehirnerschütterung zu haben. Im Rückspiegel beobachtete er, wie sie sich erst langsam, dann hektisch umsah und sich der Anflug von heller Panik in ihren bernsteinfarbenen Augen widerspiegelte.
„Huh? Hey, wer zum Teufel sind Sie? Wir haben Sie doch überholt, Sie sind der Typ in dem fetten schwarzen Geländewagen. Was machen Sie mit mir? Ich will nicht entführt und vergewaltigt werden! Ich will sofort zu meiner Familie zurück!“
Verdammt, was sollte er ihr sagen, dass ihre Familie soeben abgeschlachtet wurde?
„Wie soll ich es sagen, deine Eltern hatten einen Unfall und jede Rettung kam zu spät.“
Sie sah ihn lange an und ihre markanten orangenen Augen verengten sich.
„Ich hab Schüsse und Schreie gehört. Verarsch mich nicht Mann!“
Er zögerte. War sie für die Wahrheit bereit? Er schüttelte unmerklich den Kopf. Für diese Nachricht war niemand bereit. Aber ihre Energie und unerschrockene Art beeindruckte ihn. Er wagte es.
„Ok, die Clowns haben deine komplette Familie ausgelöscht, ist dir das lieber?“
Ihre Augen wurden riesengroß und füllten sich erst schnell mit Tränen, aber dann wischte sie sie sich blitzschnell weg und ließ sich in den Sitz sinken. Sie heulte nicht, schrie nicht, machte nicht einmal einen Mucks. Sie saß einfach nur schweigend da und sah aus dem Fenster. Die Zeit verstrich und er sah auf die Straße vor sich in der anbrechende Nacht. Ab und zu beobachte er sie unauffällig im Rückspiegel. Sie wirkte seltsam ruhig und gefasst. Nach einer halben Stunde drehte sie den Kopf zu ihm herum und sah zu ihm hin. Der Ausdruck in ihren Augen hatte sich verändert. Sie wirkte seltsamerweise wie ein Mensch, der Frieden mit sich geschlossen hatte.
„Wohin fahren wir? Können wir eine Pause machen?“
„Unser Reiseziel ist ein kleines Kaff unten in Texas und solange wir in Montana sind halt ich nicht an, ohne Backup lege ich mich nicht mit den Clowns an und gegen Gunships oder schlimmer noch ein paar Söhne des Harlequins haben wir nicht die leiseste Chance. Wenn du also pissen musst, nimm die Stauente, die neben dir auf dem Sitz liegt, die hat einen Adapter für Frauen.“
„Iii, nein danke. Ich hab Hunger.“
Ihre Stimme war warm und lebendig. Sie klang nicht wie ein Mädchen, das soeben zur Waise geworden war. Er mochte sie jetzt schon.
„Ich hab Sandwiches und Kaffee von Nox in der Kiste auf dem Rücksitz. Daneben ist noch eine Wolldecke, wenn dir kalt ist. Aber ich such uns erst etwas zum Rasten wenn den nächsten Staat erreicht haben.“
Sie schälte sich aus der Decke, verzog das Gesicht, als sie ihren verletzten Arm bewegte, stöhnte mit zusammengebissenen Zähnen und griff nach der Kiste mit den Sandwichen als wäre nichts. Entweder stand sie noch total unter Schock oder sie war echt richtig tough. Nein Schock war es nicht, so wirkte sie nicht und es stimmte ihn nachdenklich. Im Rückspiegel beobachte er, wie sie sich dick eingekuschelt mit sichtlichem Apphetit und ungespielten Genuss über eins der Sandwiche hermachte, dass er sich mitgenommen hatte.
„Lecker, Nox sagtest du? Heißt das du kannst nicht kochen, wenn du dir Stullen kaufen musst?“
Er verkniff sich ein Lachen. Sie hatte Biss.
„Das hab ich mir unterwegs gekauft. Ich kann kochen, ich bin gelernter Koch. Sei mal nicht so frech, ich hab dir das Leben gerettet!“
Im Rückspiegel sah er ihr zerknirschtes Gesicht. Dann grinste sie.
„Sorry, ich schätze ich verdanke dir mein Leben. Aber was soll ich jetzt machen? Ich will nicht ins Heim zu all den anderen traurigen Seelen die ihre Eltern durch diese Clown Wichser verloren haben!“
Er dachte einen Moment nach, das hatte er nicht so recht durchdacht.
„Du könntest fürs erste bei mir unterkommen.“
Ihre markanten Augen verengten sich kurz.
„Hast du ein Haus?“
„Eine Ranch trifft’s eher. Also schon mit Haus, aber eben ein etwas Größeres. Ich hoffe du kommst mit Tieren klar. Ich hab eine Herde Rinder und ein paar Schafe.“
„Ich denke schon, ich glaube ich kann mit Tieren sprechen, aber das glaubt mir keiner. Hast du ein Haustier? Eine süße Katze oder einen netten Hund?“
Er zögerte, sein Haustier war nicht gerade als gewöhnlich einzustufen und als normal schon gar nicht.
„Ich habe einen Alligator namens Kasimir. Er hat zwar kein flauschiges Fell aber er ist völlig zahm. Ich hab ihn, seit er geschlüpft ist und er ist mir ein treuer Freund.“
Im Rückspiegel sah er wie sie ihn mit einer Mischung aus Belustigung und Unglauben entgeistert anstarrte.
„Gibt’s in Texas eigentlich nur Irre? Wehe du vergewaltigst mich und verfütterst mich an das Vieh.“
Etwas beleidigt, dass sie ihn irre genannt hatte, auch wenn er einräumen musste, dass da ein bisschen was dran war. Verärgert über ihre Wortwahl brauste er etwas auf.
„Willst du, dass ich anhalte und dich wieder aussetze, vielleicht kommen ja noch ein paar nette Clowns vorbei, die dir den Rest geben oder mit dir machen, was du mir nur vorwirfst?“
Ups, das war zu viel gewesen, Amber verlor die Fassung und heulte jetzt hemmungslos. Tränenbäche strömten ihr übers Gesicht und es schüttelte sie regelrecht. Er fuhr langsamer und hielt gänzlich an, als sie sich nicht mehr beruhigte und heftig schluchzte. Er beugte sich zu ihr hin nach hinten, da geriet sie in Panik und schrie angstvoll auf und versuchte ihn zu schlagen. Da schnallte er sich ab und kletterte halb nach hinten und umarmte sie fest in der Hoffnung dass sie sich wieder fangen würde. Sie trommelte erst auf seinen Rücken ein, gab aber nach kurzer Zeit auf und hing einfach nur heftig schluchzend in seinen Armen. Er war so im Moment des zu trösten Versuchens, dass er völlig blind für alles andere war. So bemerkte er nicht wie das Piepsen des Radars in alarmierender Rate lauter wurde.
   Dann erzitterte die Heckklappe des Wagens plötzlich unter heftigen Kugeleinschlägen.
Fuck! Er hechtete zurück ins Cockpit und trat hektisch auf Gas, der Hound machte einen Satz und sie düsten los, einen Blick in den Rückspiegel zeigte ihm drei bullige aufgemotzte und nach Clown Regel völlig bunt lackierte Pickups. Amber hatte ihre Trauer vergessen und duckte sich in den Rücksitz. Die aufgemotzten Pickups hatten den Vorteil, dass ihr Ziel fast schon überbeladen und trotz kraftvollem Elektromotor träge in der Beschleunigung war, die größte Schwäche der toughen Hounds. Sein Fahrrad, das er an die Rückklappe geschnallt hatte, wurde sicherlich von den Kugeln demoliert, immerhin war es nicht sehr teuer gewesen. Er drückte auf einen Knopf am Armaturenbrett.
„Hal wach auf, ich brauch deine Hilfe! Ich werde von drei Pickups der Clowns verfolgt. Sieh zu dass du ihre Kommunikationskanäle blockierst, damit sie keine Hilfe rufen können. Ein Gunship als Verstärkung und wir können einpacken. Und ich hoffe die Extras die ich eingebaut habe funktionieren auch so wie ich mir das erhoffe.“
„Sehr wohl Sir.“
Amber hinten starrte ihn angsterfüllt an.
„Hey Amber mach dich nützlich. Hinter dem Fahrersitz ist eine Kiste, mach die auf und gib mir ein paar von den Granaten nach vorne!“
Sie starrte ihn ungläubig an.
„Bist du taub Mädchen?“
Brüllte er jetzt. Amber schnallte sich ab und wühlte sich durch den Berg an Gepäck und Krempel zu der besagten Kiste. Nach ein paar Minuten schob sie ihm zitternd ein paar zylindrische kleine Bomben nach vorne. Smart Bombs, die er selbst gebaut hatte. Sie besaßen einen superstarken Elektromagneten, der sich am Boden von Autos heften konnte. Er fuhr das Fenster ein Stück herunter, machte die Bomben scharf und warf sie aus dem Fenster, das er sofort wieder hochfuhr.
Sie hatten Glück, der rechte Pickup wurde von den Rädern gehoben und verging in einem Feuerball, der die Nacht zum Tage machte. Die anderen beiden schweren Wagen wichen dem brennenden Wrack aus und beschleunigten, um ihn in die Zange zu nehmen. Schüsse peitschten über die Außenhaut des Hound, penetrierten aber nicht, es lebe Omega. Die Pickups hatten große Kabinen und Beifahrer und Rückfahrer auf beiden Seiten kurbelten hektisch die Scheiben herunter, Sturmgewehre und Granatwerfer in den Händen. Kugeln prasselten auf die Seitenscheiben und prallten wirkungslos ab. Die Granaten hingegen schüttelten sie durch und der Hound geriet etwas ins Schlingern. Kaz kurbelte nach links und versuchte den Truck zu rammen, sofort verzogen sich die Typen mit Clownsmasken ins Innere und der Pickup beschleunigte. Er grinste plötzlich breit und ging in die Eisen. Dann drückte er auf einen Knopf und aktivierte seine eingebaute Bewaffnung die jetzt hoffentlich auch funktionierte. Eine 20 mm Autokanone wummerte tief dröhnend los, die er auf dem Dachträger montiert hatte, und stanzte mit panzerbrechenden Sprenggranaten faustgroße Löcher in den Pickup vor ihm. Nach wenigen Augenblicken Dauerfeuer schlingerte der Pickup und krachte gegen einen Baum, während Flammen aus dem Motorblock aufstiegen. Zufrieden grinsend gab er wieder Gas.
   Der zweite Pickup stieg ebenfalls in die Eisen und setzte sich genau hinter sie, dieser Kollege war größer als die anderen beiden und sah gepanzert aus. Das tiefe Grollen eines schweren MGs brüllte und die Heckklappe erzitterte unter den Einschlägen und einige Kugeln schlugen tiefe Krater in die hoffentlich kugelsichere Rückklappe.
   Kaz fuhr den Geschützturm aus und fluchte innerlich, dass er die Rakete schon verbraucht hatte. Deren Tandem Gefechtskopf hätte kurzen Prozess mit der Panzerung ihres Verfolgers gemacht. Die kleinen Raketen, die noch an Bord waren, konnten diesem Monster nichts abhaben. Wie er befürchtete prallten die Kugeln des Turms wirkungslos an dem Pickup ab. Der beschleunigte und rammte sie heftig, Percy verlor einen Moment den Halt und Kaz konnte erst im letzten Moment die Kontrolle zurückerlangen. Hektisch flogen seine Finger über ein Bord mit Kippschaltern und kippte einen nach unten. Der große Bruder der magnetischen Bomben von eben wurde abgeworfen und rollte unter den Pickup. Kaz betete, dass sein Feind keinen minensicheren Unterboden hatte. Seine Sorgen verflogen, als der Pickup in die Luft geschleudert wurde und auf dem Dach liegen blieb. Kaz folgte einem Instinkt und der Hound blieb unmittelbar stehen. Das erweckte Amber aus ihrer Schockstarre.
„Scheiße, fahr weiter! Ich will hier weg!“
Sie heulte regelrecht, von ihrer unerschrockenen Gelassenheit keine Spur mehr.
„Nein, ich will wissen wer das ist.“
„Scheiß Clowns, was denn sonst? Ich will nicht sterben, fahr weiter, bitte!“
Er ignorierte ihr angstvolles Gejammer und sprang aus dem Wagen, die Five-Seven fest im Griff. Amber schluchzte laut auf und wimmerte panisch, aber er ignorierte sie.
   Er näherte sich dem umgedrehten Pickup. Unwahrscheinlich, dass die Explosion und die heftige Schockwelle irgendjemand im Inneren überlebt hatte, aber man wusste nie. Er riss die schwere Tür auf und spähte hinein. Alles tot. Dann stutzte er. Vier riesige pechschwarze Warane in schwarzen Kampfanzügen ohne Abzeichen. Konzernbrut. Die schwarzen Warane arbeiten überwiegend für die Konzerne Lambda, Sigma und Horizon. Die Clowns hassten die Warane bis in die letzte Faser, unwahrscheinlich also, dass die vier zu ihnen gehörten. Dennoch tauchten sie hier auf. Er durchsuchte schnell den Wagen, bevor das Feuer sich ausbreitete.
   Nach zwei Minuten hörte er auf, der Pickup war vollkommen leer, keine Identitäten oder Informationen, was dieser Truck hier machte und wer diese Warane waren, Nichts. Das gefiel ihm nicht und es hatte den faden Beigeschmack einer verdeckten Operation. Aber warum auf ihn? Oder besser gesagt, warum hier in dieser gottverlassenen Gegend? Er riss sich los und rannte zum Hound zurück und setzte sich auf den Fahrersitz. Er verstaute seine Sachen und fuhr zügig los.
„Hal, irgendwelche Meldungen von Clowns oder Cops in der Gegend?“
„Mir ist nichts bekannt Sir, gute Fahrt Sir.“
„Danke dir, wir sehen uns.“
Er warf einen Blick nach hinten um nach Amber zu sehen, die sich gerade wieder aufrappelte und sich anschnallte, sie wirkte etwas benommen und verheult. Schniefend rieb sie sich die Augen und stellte eine zaghafte und unterdrückt neugierige Frage.
„Bist du sowas wie James Bond?“
Er schmunzelte und er musterte ihr Gesicht im Rückspiegel. Sie würde eine ausgesprochen schöne Frau werden, wenn sie erwachsen war, schoss es ihm zusammenhangslos durch den Kopf.
„Nein nichts dergleichen, auch wenn ich ein großer Fan der Filme bin, zumindest der alten. Ich bin nur ein Mechaniker und Bastler mit mehr Ressourcen als der durchschnittliche Bürger, und möchte nicht hilflos im Angesicht der Clown Banden sein, die unser schönes Land terrorisieren. Hast du ein Problem damit?“
„Wie viele Leute hast du heute getötet?“
Er dachte einen Moment nach.
„Ich hab nicht gezählt, aber Clowns sind keine Leute, die sind einfach nur Abschaum, der beseitigt werden muss. Mit denen hab ich kein Mitleid, mir tun eher Unschuldige wie deine Familie leid, die einzig und allein ins Fadenkreuz geraten, weil einige von ihnen Teil des Militärs sind oder sich ihrer Herrschaft widersetzen.“
Plötzlich klingelte sein Handy und er nahm den Anruf über die Freisprechanlage an.
„Scheiße nochmal Kaz, wo steckst du nur? Wir haben die Sache mit den Clowns im Radio gehört.“
Simons Stimme war aufgeregt und besorgt. Für einen beinharten Navy SEAL, der zig Einsätze hinter sich hatte, war er leicht aus der Fassung zu bringen.
„Ich bin kurz vorm Ziel umgedreht, ich bin an einem Konvoi der Clowns vorbeigekommen und konnte nicht wegsehen.“
„Verdammt, geht’s dir gut?“
„Mir geht’s bestens, ein paar der Clowns eher weniger. Die Schweine haben wieder eine Familie abgeschlachtet. Ich hab die Tochter retten können und sie sitzt bei mir im Wagen. Ich fahr erstmal wieder runter nach Texas und stell mich neu auf. Leider geht dadurch unser Trip hops.“
„Amber Straub ist bei dir? Gott sei Dank. Wir gehen dann auch erstmal auf Tauchstation, ich hätte nicht gedacht, dass es in Montana so viele Clowns gibt. Gut dass du ein paar ausgeschaltet hast. Ich schätze ich sollte mir auch so einen Omega besorgen und Clowns jagen, aber die Kisten kann ich mir leider nicht leisten. Ich hab gehört dass unsere Freunde im Widerstand Trucks und LKWs mit Stahlplatten verstärken und eigene Konvois bilden um diese Brut zu stoppen. Ich schätze das Mädchen wird erstmal bei dir bleiben, schwierige Situation, das bekommen wir schon irgendwie geregelt. Mach’s erstmal gut. Wir fahren jetzt ein Stück in die Berge und bunkern uns irgendwo ein bis sich die Sache ein bisschen beruhigt hat. Tschüss und pass auf dich auf.“
Amber im Fond kaute auf ihrer Unterlippe und warf ihm einen nachdenklichen Blick zu.
„Bist du im Widerstand von dem alle heimlich sprechen?“
„Mädchen, ich hab gerade ein Dutzend Clowns beseitigt, was glaubst du denn wer ich bin, der Weihnachtsmann?“
Wollte er sie anfahren, riss sich aber zusammen.
„Nicht offiziell weil mein Name nicht völlig unbekannt ist.“
„Wieso das denn? Und warum hat der Typ dich Kaz genannt? Das klingt doch total nach einem Fantasienamen.“
„Kaz ist der Spitzname für Katsuro, meinem zweiter Vornamen. Ich hab eine japanische Mutter.“
„Stimmt, siehst auch ein bisschen asiatisch aus. Irgendwie ein bisschen wie Keanu Reeves.“
„Dass du den überhaupt kennst finde ich viel erstaunlicher, der lebt doch schon lange nicht mehr. Außerdem ist er gar nicht japanischer Herkunft.“
„Egal, Ich mag halt alte Actionfilme, die laufen ab und an im Fernsehen.“
„Sowas gibt’s noch?“
„In Montana schon, ich hatte einen Fernseher in meinem Zimmer, der lief immer nebenbei, wenn ich gemalt habe. Hast du eigentlich auch einen richtigen Namen?“
„Ja hab ich: Sebastian Katsuro Solomon.“
Plötzlich wurden ihre Augen riesig groß.
„DER Sebastian Solomon? Der Autor? Ich hab alle Bücher gelesen und bin ein totaler Fan, kannst du mir ein Autogramm geben? Büdde büdde.“
Er sah sie einen Moment zweifelnd im Rückspiegel an, seine Bücherverkäufe waren erbärmlich um es höflich auszudrücken. Und dennoch behauptete sie, alle seine Bücher zu kennen. Kurios. Er nahm sich vor ihr nicht ganz zu trauen, sicher war sicher, immerhin kannte er sie erst seit wenigen Stunden.
„Das verblüfft mich aber, dass du mich kennst. Ja ich bin dennoch unbekannt genug um heimlich im Widerstand zu sein. Berühmte und einflussreiche hin oder her, schließlich hat mein Vater Frank Solomon Horizon gegründet, aber ich war recht erfolgreich, mich der Öffentlichkeit fernzuhalten. Dennoch beteilige ich mich am Kampf gegen unsere Unterdrücker. Was eigentlich nur heißt, dass ich den Widerstand mit Geldmitteln und Equipment versorge. Und mich persönlich an Einsätzen beteilige.“
„Wann sind wir da?“
Sie ging gar nicht auf seine Erklärung ein und er spielte es herunter.
„Ab und zu muss ich auch den Wagen aufladen und eine Runde schlafen, ich denke in ein paar Tagen werden wir unser Ziel erreichen. Ich fahre heute die Nacht durch und such uns dann irgendwo abseits ein Fleckchen, wo wir erst auftanken und dann ein wenig rasten können. Im Kofferraum hab ich eine Kiste mit Nahrungsmittel, so Fertigsachen und Riegel fürs Backpack-Trekking von NOX, die schmecken ziemlich gut. Motels und Raststätten würde ich erstmal meiden wollen, die werden oft von den Clowns observiert oder kontrolliert. Ich hab schon Geschichten von Leuten gehört, die in einem Motel spurlos verschwunden sind. Am besten wir schlafen nachts im Wagen, der ist kugelsicher und Percys Sensorik entgeht nichts. Ich gebe dir meinen Polar-Schlafsack und ich wickle mich in die Decke ein, die du hast, notfalls kauf ich noch Decken. Hier wird es nachts ganz schön kalt und um die Batterien zu schonen heize ich über Nacht ungern.“
„Kannst du dann trotzdem die Heizung ein bisschen hochdrehen, ich bin leider ne totale Frostbeule, auch wenn ich in Montana mit ziemlich kalten Wintern aufgewachsen bin. Und es wäre toll wenn du noch ein paar schöne warme Decken kaufen könntest wenn es dir nichts zu sehr ausmacht. Hast du zufälligerweise mein Handy gesehen?“
„Sorry, darauf habe ich nicht geachtet.“
Log er, natürlich hatte er es gesichert, aber bevor er nicht wusste, was sie alles vor ihm verbergen könnte, behielt er es für sich.
„Fuck, ich hatte es im Auto, es muss mir beim Crash wohl aus der Hand gefallen sein. Mist!“
„Wozu würdest du es denn jetzt verwenden wollen?“
Eine Spur von Misstrauen lag in seiner Stimme. Und wenn sie es nutzte um Hilfe zu holen, weil sie ihm nicht traute? Verübeln konnte er es ihr zwar eigentlich nicht, aber immerhin hatte er ihr heute schon zweimal das Leben gerettet.
„Ach, einfach nur ein bisschen Musik hören oder Filme gucken, das mache ich immer auf so langen Fahrten.“
Er entspannte sich. Kaz fuhr langsamer und öffnete das voluminöse Handschuhfach. Er kramte sein Ersatztelefon und eine kleine Dose mit Kopfhörern heraus und reichte sie nach hinten zu Amber.
„Hier, nimm erstmal das da, das hat eine Datenflatrate.“
Ihre Augen wurden groß.
„Scheiße, das ist ein Prism!“
„Ja, wenn auch nicht mehr das neuste Modell.“
„Vielen Dank, das ist so cool. Ich hab von den Dingern immer nur gehört, aber ich kenne niemanden persönlich der tatsächlich eines besitzt, die sind ja spielend dreimal so teuer wie ein iPhone!“
„Dafür sind sie auch in jeder Hinsicht besser, leistungsstärker, verschlüsselt und verwenden das geniale Betriebssystem HALOS.“
Er sah im Rückspiegel wie sie sich die Kopfhörer einstöpselte und mit dem Prism verband, dann tippte sie darauf herum und hielt es anschließend quer im Schoss. Mit angewinkelten Beinen machte sie es sich dick in die Wolldecke eingewickelt bequem und schien schnell in ihrem Film oder einer Serie zu versinken. Lächelnd fuhr er durch die Nacht auf dem Weg in die sichere Heimat.

*

Gegen Mittag des nächsten Tages bog er auf die Einfahrt einer Omega Station ein, passierte die Schleuse mit befestigten bunkerähnlichem Wachhäuschen und schwer bewaffneten Wächtern und stellte sich auf eine überdachte Ladestation. Amber wachte schlaftrunken auf und streckte sich genüsslich.
„Omega Stationen sind ein sicherer Hafen und sicher vor Clowns. Schüttel dir ruhig mal die Beine aus und geh ein paar Schritte, das Aufladen wird ne Weile dauern. Deshalb gibt’s hier immer ein hochklassiges Diner und einen Laden wo du alle möglichen Sachen kaufen kannst. Das hier ist lediglich eine kleine Omega Station, in den großen gibt’s auch richtige Unterkünfte mit weichen Betten und einem reichhaltigen Unterhaltungsangebot, denen wir noch begegnen werden. Hast du Hunger?“
Amber nickte eifrig und schälte sich aus ihrer Wolldecke, in die sie sich regelrecht verheddert hatte. Er sah, wie sie zusammenschrak und heftig zitterte als sie ausstieg, immerhin war es tiefster und hier oben im Norden dazu noch unangenehm kalter Dezember und sie trug nur eine löchrige Jeans und einen dünnen Kapuzenpulli. Verdammt, er hätte nach ihrer Jacke suchen sollen. Er nahm sich vor, ihr eine neue bei Gelegenheit zu organisieren. Puh es war wirklich ziemlich kalt, definitiv Minusgrade im zweistelligen Bereich. Er stöpselte schnell das Ladekabel an und guckte in der Omega App wie sich der Ladestand langsam erhöhte. Bis zum vollen Akku hatten sie rund zwei Stunden Zeit. Zur Sicherheit schloss er den Wagen ab, dann ging er mit Amber, die schon bibbernd und zitternd mit blau angelaufenen Lippen auf ihn wartete und ungeduldig von einem Bein aufs andere hüpfte und sich die Arme rieb, in Richtung Diner. Drinnen war es schön wohlig warm und sie suchten sich ein Plätzchen wo es so richtig gemütlich war. Außer ihnen waren nur zwei weitere Leute anwesend. In den Ladestationen steckte eine riesige LKW Zugmaschine mit ungewöhnlich geräumiger Wohnkabine und in einer anderen ein unauffälliger blauer Kleinwagen.
   Die Bedienung näherte sich ihrem Tisch und sie bestellten trotz Mittagsstunde zwei Frühstücksteller und Kaffee und für Amber noch einen Orangensaft. Der Kaffee und der Saft kamen sofort und das Mädchen umfasste mit beiden Händen den Becher um sich aufzuwärmen. Ihr Gesicht hatte in der Zwischenzeit zumindestens schon mal eine gesündere Gesichtsfarbe angenommen, als eben in der Kälte.
„Du wirst schon sehen, dass Essen hier ist köstlich.“
Sie sah ihn nur zweifelnd an und trank einen Schluck Kaffee. Sie hob anerkennend die Brauen.
„Der Kaffee ist ziemlich gut muss ich sagen. Der Saft auch. Ich hoffe in Texas gibt’s auch Orangensaft, davon kann ich nämlich nicht genug bekommen und das ist ja wichtig wenn ich jetzt quasi bei dir wohnen soll?“
Er wehrte lächelnd ab.
„Keiner zwingt dich bei mir zu wohnen, es erscheint nur im Moment am sichersten. Ich kann dich auch in der nächsten größeren Stadt absetzen wenn dir das lieber ist.“
Sie schüttelte heftig den Kopf und er war etwas enttäuscht, nicht, dass er sie jetzt an der Backe hatte, denn er mochte Kinder nur so mittel und war auch absichtlich kinderlos geblieben, sehr zur Enttäuschung seiner Mutter Naomi, die sich immer Enkelkinder gewünscht hatte. Aber dafür hatte seine kleine Schwester Natalie im Enkel-Department ordentlich abgeliefert.
„Jetzt wo meine Familie …“
sie stockte und eine einzelne Träne rollte ihr über die Wange. Sie setzte neu an.
„Jetzt bin ich ganz allein. Und ich hab eigentlich keine richtig guten Freunde und keine anderen Verwandten und auch kein Geld. Ohne dich hätte ich noch nicht mal ein Handy und würde bestimmt nicht mehr leben. Danke nochmal. Mit sechzehn will ich noch nicht sterben!“
„Ich will auch mit dreiundfünfzig jetzt noch nicht sterben. Aber ich kann einfach nicht stillsitzen wenn so etwas passiert. Deshalb bin ich immer auf das Schlimmste vorbereitet.“
„Ich glaube das sollte man in diesen Zeiten auch sein. Nur warum wir?“
„Dein Vater Andy war ein US-Marine, deshalb. Clowns destabilisieren die Gesellschaft und dezimieren die Streitkräfte und schlagen klaffende Löcher in die Grundfesten der freien Nationen dieser Welt. Sie wollen einreißen, zerstören und ausradieren, was wir über Jahrhunderte erbaut und für die Generationen von tapferen Männern und Frauen gekämpft und ihr Leben gelassen haben. Die Clowns wollen in den Ruinen der freien Welt eine neue Weltordnung erschaffen und Nationen, die sich nicht mehr verteidigen können, sind leichte Ziele für diesen Abschaum.“
„Woher weißt du, das mein Vater bei den Marines war?“
„Das kam im Radio des Widerstands, die sind immer gut informiert.“
„Sowas gibt es?“
„Klar, es gibt einen ganzen Katalog von Codes und Codecs die wir verwenden. Und irgendwie müssen wir uns schließlich austauschen. Ich hab übrigens mitgeholfen dieses Netzwerk in den USA aufzubauen. Mit jedem Tag wächst der Widerstand gegen die Clowns. Weltweit.“
„Dann gibt es auch in anderen Ländern Widerstandszellen gegen die Clowns?“
„Ja, auf der ganzen Welt, in fast jedem Land. Vielleicht können wir dem ganzen irgendwann einen Riegel vorschieben, aber nicht nur die Clowns selbst, sondern auch die Scharen korrupter Cops machen uns das Leben schwer und hindern uns daran uns selbst um diese verdammten Clowns zu kümmern. Viele nehmen die Sache von daher lieber in die eigene Hand, so wie ich.“
„Wer ist eigentlich dieser Hal der dir geholfen hat, so hieß doch eine KI aus so einem uralten Streifen?“
„Hal ist ein alter Freund von mir und er hilft mir wann immer er kann, er ist einer der besten Computerspezialisten der Welt und er ist ein großer Fan von künstlichen Intelligenzen und von den alten Stanley Kubrik Filmen, daher sein Spitzname.“
„So ist das also.“
Ihr Essen wurde gebracht und sie machten sich schweigend über Rührei, Bratkartoffeln und Speck her. Er grinste zufrieden als er Amber sichtlich genießerisch essen sah. Er grinste noch breiter als sie sich nach mehr umsah.
„Hast du noch Hunger?“
„Ich könnte locker noch so eine Portion essen. Ich hab’s gut und schlecht zu gleich, ich kann viel und immer essen und werde nicht dick, aber auch nie wirklich satt. Ist ganz komisch bei mir. Darum beneiden mich auch immer alle.“
„Machst du eigentlich Sport?“
„Naja da wo ich wohne ist das Freizeitangebot sehr begrenzt, daher trainiere ich wenigstens zweimal die Woche, ich mache Calisthenics, dafür braucht es kein Fitnessstudio.“
„Wunderbar, Calisthenics mache ich auch und dazu noch Kampfsport und Krafttraining. Ich trainiere jeden Morgen vor dem Frühstück, du kannst ja mitmachen wenn du Lust hast. Ich habe ein privates Studio auf meinem Gelände, selbstverständlich mit dem besten Equipment, das man für Geld kaufen kann.“
„Ja, falls wir Texas in einem Stück erreichen.“
„Keine Sorge, ich bin gewappnet und Texas hat die wenigsten Clownangriffe in den USA und in dem Nest wo ich wohne praktisch null Angriffe.“
„Das ist beruhigend. Aber dann bestimmt genauso wenig Freizeitbeschäftigungen wie in Montana?“
„Da ist leider was dran, aber ich hoffe bei mir wird es dir schon nicht langweilig. Wenn das mit den Tieren stimmt hoffe ich, dass du ein paar interessante Gesprächspartner findest. Ich fürchte nur Kasimir ist nicht der hellste und meine Milchkuh Rita auch nicht, ich meine sie ist eine dicke Kuh. Ach ja, ich hoffe du magst frische Kuhmilch.“
„Geht so, wir haben in einer Kleinstadt in einem Einfamilienhaus gewohnt, frische Kuhmilch trinke ich praktisch nie, nur wenn ich in den Ferien bei meinen Großeltern war, die wohnen … wohnten auf einer kleinen Farm.“
„Mh, ich habe eine Maschine zur Haltbarmachung von Milch gebaut, vielleicht macht das die Sache ein bisschen erträglicher für dich.“
Aus den Augenwinkeln bemerkte er einen übergewichtigen Typen um die dreißig mit fettigen schwarzen Haaren, der immer wieder verstohlen zu Amber herübersah.
„Amber?“
„Ja?“
Sie strich sich eine widerspenstige Strähne aus der Stirn und sah ihn mit schiefgelegten Kopf fragend an.
„Wie wäre es damit, dass ich uns noch eine weitere Frühstücksplatte bestelle und du dich in der Zwischenzeit etwas frisch machst, es klebt noch etwas Blut an deiner Stirn.“
„Ok, mache ich, bis gleich.“
Sie stand auf und ging in einem sonderbar geschmeidig katzenhaften Gang in Richtung Sanitäreinrichtungen im Untergeschoss. Der schmierige Typ stand auf und wollte ihr nachgehen, Kaz stellte sich vor ihn. Der Typ war kleiner als er und völlig unsportlich.
„Ey man was soll das? Ich will nur pissen!“
„Genau, ganz zufällig in dem Moment wo ein hübsches Mädchen auf die Toilette geht. Setz dich wieder hin und warte, bis sie wieder zurückkommt oder ich zieh noch ganz andere Seiten auf!“
„Was spielst du dich so auf du Wichser? Nur weil du „berühmt“ bist, wie die Kleine über dich gesprochen hat, gibt dir das noch lange nicht das Recht über andere zu bestimmen. Du Pisser hast sie doch bestimmt nur entführt und willst schlimme Sachen mit ihr machen. Du bist nicht besser als diese Clowns!“
„Gibt’s hier ein Problem?“
Der Trucker war hinzugestoßen, ein Bär von einem Mann, trotz mächtiger Plautze über und über muskelbepackt.
„Der Typ hier lässt mich nicht durch, ich will doch nur in Ruhe pissen?“
„Und das hübsche Mädchen angrabbeln oder heimlich fotografieren oder was? Ich kenn doch so Schmierlappen wie dich. Also zieh Leine. Und du setz dich wieder auf deinen Platz ich will keinen Streit, ich will einfach nur im Warmen sitzen ohne Stress oder eine Schlägerei.“
Der schmierige Typ zog Leine und setzte sich wieder hin und durchbohrte ihn und den Trucker mit stechenden Blicken. Kaz setzte sich auf seinen Platz und bestellte noch einen Kaffee und eine Frühstücksplatte für Amber. Als Amber nach fünfundzwanzig Minuten noch nicht da war und die dampfende Platte einsam und allein vor ihm stand, machte er sich Sorgen. Nach fünfunddreißig Minuten wurde er unruhig. Und schließlich nach fast fünfzig Minuten hatte er das Gefühl, dass sie sich aus dem Staub gemacht haben musste oder an üblen Verstopfungen litt. Etwas missmutig aß er das Frühstück bevor es völlig kalt wurde.
   Nach einer Stunde Stunde tippte ihm jemand auf den Arm und Amber setzte sich mit etwas feuchten Haaren auf ihren Platz und schob ihm einen gelben Plastikchip entgegen, mit dem konnte man an den Duschen bezahlen und ihn dann an einem Automaten auslösen, das machte er oft, wenn er auf Reisen durch die Staaten war. Dafür gab es kostenlose warme kuschlige Handtücher und Premium-Duschgel in einer Wellnessoase im Kleinformat. In größeren Omega Stationen, bekam man oft sogar noch eine Massage, wenn einem danach war.
„Sorry, aber ich musste mal Groß und hatte Verstopfungen – hab ich von meiner Ma geerbt – und da unten gab es Duschen, das konnte ich mir doch nicht entgehen lassen. Ich glaube ich hab einfach die Zeit vergessen. Menno, du hast ja schon fast alles aufgegessen! Können wir nochmal bestellen.“
Eine weitere halbe Stunde später hielt sie sich satt und zufrieden ihren vollen Bauch, während Kaz die restlichen Waffeln mit Sahne aufaß. Seine App zeigte ihm an, dass sein Hound fast aufgeladen war.
„Jetzt decken wir uns noch im Laden mit Essen, Wasser und dicken Decken ein und dann geht’s los. Oder fällt dir noch etwas ein?“
Sie zuckte nur mit den Achseln. Also standen sie auf und gingen rüber in den ziemlich großen Laden wo es wirklich alles gab, von Babywindeln, über frische Sandwiches und Wärmflaschen bis zu edler und sündhaft teurer NOX Schokolade. Sie mussten zweimal gehen, weil zwei paar Arme für alles beim ersten Mal nicht ausgereicht hatte.
   Gegen drei Uhr nachmittags hatte er alles bezahlt bezahlt und sie saßen dick eingemummelt im Wagen, in dem es jetzt empfindlich kalt war. Amber war unter all den flauschigen Kuscheldecken, die schon fast in Richtung Kunstfell gingen, gar nicht mehr richtig zu sehen und sie hatte sich zwei elektrische Wärmflaschen und ein paar Handwärmer geschnappt. In der Zwischenzeit hatte Kaz auch schon mal den Polar Schlafsack zu Amber nach hinten gepackt und den elektrischen Reisewasserkocher aus den Tiefen des Kofferraums geborgen. Heute Abend würde es leckere Snacks von NOX geben und er hatte Amber begierige Blicke auf die leckeren Sandwiches aus der Frischetheke des Omega Shops werfen sehen. Das Mädchen hatte hinten jetzt ihren eigenen Snackkorb und eine Thermoskanne Kaffee und ein paar große Flaschen NOX Orangensaft. Er selbst hatte sich vorne etwas bereitgelegt und schaltete das Radio des Widerstands ein, während sich das Mädchen wieder die Ohrstöpsel einsetzte und bei Musik langsam wegdämmerte.
   Doch es ging nicht ganz ohne Verluste. Sein Fahrrad war völlig zerstört gewesen und er hatte es abgeschnallt, ebenso wie den durchlöcherten Reservereifen. Glücklicherweise waren Omega Werkstätten und Tankstellen immer an einem Platz und ein wenig beeindruckter Mechaniker hatte den Wagen durchgecheckt, den Reifendruck geprüft und ein nagelneues Reserverad aufgeschnallt. Kaz schätzte, dass der Typ wohl öfter Omegas in der Werkstatt hatte, die aussahen als hätte sie jemand durch den Krieg gejagt. Die waren eben äußerst beliebt im Widerstand für Hit & Run Taktiken und um die Clown Konvoys aufzubrechen und als Durchbruchs-„Panzer“ bei Angriffen auf Clown Patrouillen. Omega tat den Teufel den Widerstand öffentlich zu unterstützen, aber dennoch tauchten verdächtig viele Omegas unter der Hand in Widerstandskreisen auf und die meisten waren von ganz normalen Every-Day-Autos schlicht nicht zu unterscheiden, abgesehen von Monstern wie den Hounds.
   Das war kein billiger Tag gewesen, aber das war es ihm wert. Amber war ihm mittlerweile durchaus ans Herz gewachsen und er konnte sich nicht mehr so richtig mit dem Gedanken anfreunden, sie fortgehen zu lassen. Er spülte zwei Koffeintabletten mit einem Schluck Wasser herunter und sie fuhren los.
   Gegen zehn Uhr abends blieb er auf einer verlassenen Nebenstraße in einem Wald stehen und machte die Lichter aus. Amber sah von ihrem Prism auf und musterte ihn fragend.
„Wir machen erstmal Pause, denn ich bin jetzt seit zwei Tagen ohne Schlaf! Ich denke, das wird jetzt erstmal Tetris spielen, den Schlafsack auspacken und alles vorbereiten, ich glaube du bist klein genug um dich auf der Breite des Wagens lang zu strecken, Omegas sind glücklicherweise wörtlich breit gebaut. Du bekommst noch ein Kissen von mir, dann ist es bequemer.“
Gesagt getan, zehn Minuten später saß Amber dick eingemummelt in den Schlafsack gekuschelt und sah ihm dabei zu wie er heißes Wasser vom Wasserkocher in den Beutel mit gefriergetrockneter NOX Fertignahrung goss und ihr dann reichte. Dann goss er etwas in seinen Beutel und rührte den Inhalt um, es gab einen leckeren Eintopf mit Nudeln und Fleisch. Amber schien es zu schmecken und nachdem sie den Inhalt des Beutels verputzt hatte machte sie sich über ein paar Schokoriegel her. Dann machten sie es sich bequem. Amber streckte sich auf der Rückbank aus und kurze Zeit später hörte er ihre gleichmäßigen ruhigen Atemzüge. Zufrieden lächelnd warf er sich die dicke Wolldecke über und schlief langsam ein.

*

Er bemerkte, dass ihm jemand hektisch auf die Schulter klopfte, sofort erwachte er aus seinem leichten Schlaf und war hellwach.
„Amber?“
Er hörte sie hektisch atmen.
„Scheiße, ich hab was gehört, einen unheimlichen Schrei oder so!“
„Sei mal kurz ruhig.“
Er fuhr das Fenster einen Spalt breit nach unten und horchte in die Nacht während Amber auf der Rückbank die Luft anhielt. Erst hörte er nichts, dann hörte er einen schrecklichen markerschütternden verzerrten Schrei und das Knacken und Brechen von Ästen. Ihm war als sähe er aus den Augenwinkeln wie sich etwas Großes durch den Wald auf sie zu bewegte, trotz der Größe nahezu agil und geschmeidig. Doch unverkennbar so voller Wut, dass es diesem Ding egal war ob es gehört wurde oder nicht. Sofort startete er den Wagen und trat auf Gas. Auf dem matschigen Feldweg drehten die Reifen durch und sie verloren wertvolle Sekunden. Da warf sich etwas hinten gegen den Wagen und sie wurden ordentlich durchgeschüttelt.
   Da! Die Reifen bekamen Halt und sie sausten nach vorne, die leistungsstarken Scheinwerfer durchstachen die feindselige und, bis auf dieses Ding, totenstille Nacht und er fuhr den unebenen Weg in gefährlich schnellem Tempo entlang. Hinter sich hörte er diese Schreie und das Beben von mächtigen Füßen auf den Boden. Dann hatten sie dieses Ding abgehängt und donnerten durch den Wald. Amber rappelte sich immer noch in den Schlafsack gewickelt auf und schnallte sich an. Sie rasten über die holprige Piste, bis sie nach einigen Minuten die geteerte Straße erreichten und er vollends Gas gab. Langsam beruhigten sie sich beide wieder.
„Verdammt was war das denn, ein Monster?“
„Den Schreien nach war es eine trächtige Gesichtslose, eine der größeren Arten, womöglich sogar eine Tochter des ersten Gesichts. Gerade in der Schwangerschaft übermäßig defensiv und verteidigen ihr Revier höchst aggressiv. Scheint, als wären wir in ihr Gebiet eingedrungen. Ich hätte nicht gedacht, dass wir in dieser abgelegenen Gegend auf eine stoßen, normalerweise siedeln Gesichtslose viel weiter nördlich an der Grenze zu Kanada. Wenn du in Montana aufgewachsen bist, müsstest du ihre Rufe in der Winternacht eigentlich kennen, auch wenn sie normalerweise eher scheu sind.“
„Verdammt und wie soll ich nach sowas noch ruhig schlafen? Wehe du machst nochmal in einem scheiß Wald nachts Rast!“
„Nein, weiter südlich sind Gesichtslose in der Regel nicht zu finden, dann treffen wir höchstens auf Wendigos, aber im Hound sind wir nachts vor ihnen sicher und selbst wenn führe ich immer ein paar Magazine Brandmunition und Brandgranaten im Auto mit, das wirkt Wunder bei diesen abgemagerten Viechern. Aber zu deiner Beruhigung, wir erreichen langsam dichter besiedeltes Gebiet, wo sich Monster rarer machen.“
Wenig überzeugt drehte sich Amber weg und sah schweigend in die Nacht hinaus.
   Im Morgengrauen erreichten sie eine Kleinstadt und er hielt am Rand einer Wohnsiedlung an und parkte ein, aber so, dass er sofort losfahren konnte, wenn sich etwas regte.
   Vereinzelte Passanten blieben ab und an neugierig stehen und fotografierten den Hound, dessen Lack an zahllosen Stellen von einschlagenden Kugeln abgeplatzt war, aber dank der getönten Scheiben waren sie vor allzu neugierigen Blicken sicher. Zur Sicherheit ließ er dennoch den Kanal zu Hal offen. Amber hinten sah sich unruhig um bevor sie sich wieder abschnallte und im Schlafsack ausgestreckt auf der Rückbank einschlief. Bei ihm dauerte es etwas länger aber irgendwann döste auch er wieder ein.

*

Wieder wurde er unsanft geweckt, ein energisches Klopfen an der Scheibe. Er regte sich langsam und rieb sich die müden Augen. Scheiße, ein Cop stand neben seinem Wagen und bedeutete ihm die Scheibe herunterzufahren. Er griff in den Fußraum des Fahrersitzes und entsicherte seine Schallgedämpfte Beretta 92, früher die offizielle Service Waffe der US Armee unter der M9 Designation. Eine verlässliche, wenn auch recht schwere 9mm Pistole mit großem Magazin. Ohne dass der Cop es mitbekam entsicherte er die Waffe und zog den Schlitten zurück, sicher war sicher. Dann warf er einen unauffälligen Blick in den Rückspiegel um sich zu vergewissern, dass Amber noch schlief. Na das würde ja was werden. Er fuhr die Scheibe herunter und setzte eine betont freundliche Miene auf, auch wenn er nicht mit der Wimper zucken würde, dem Bastard auch nur bei der kleinsten Bewegung den korrupten Schädel wegzublasen.
„Ja Officer, was gibt es?“
Der unrasierte Mittdreißiger mit dunklen Haaren musterte ihn misstrauisch. Ein typischer Provinz-Cop, vermutlich passierte hier draußen nicht viel, außer dem Einsammeln von entlaufenden Katzen.
„Was treiben Sie hier in dieser Gegend?“
Grunzte der Mann unhöflich. Die Stimme war schroff und abweisend. So als ob er es als unter seiner Würde betrachtete, sich mit einem Durchreisenden wie Kaz beschäftigen zu müssen.
„Ich mache ein Nickerchen, ich bin gerade auf dem Weg nach Hause, ist das denn verboten?“
Spöttelte Kaz und verzog keine Miene. Der Cop verzog das Gesicht hingegen unmerklich in einer Grimasse der Verärgerung.
„So und wo wohnen sie?“
Er klang nicht, als ob ihn die Antwort überhaupt auch nur im Ansatz interessierte.
„Texas“
Gab Kaz knapp zurück.
„Wir sind ziemlich weit von Texas entfernt. Und da parken Sie hier einfach so und schlafen eine Runde. Was Besseres ist dir kleinem Scheißkerl nicht eingefallen? Was ist mit dem Wagen passiert?“
„Das ist ein Omega und ich hab getestet, ob die wirklich so kugelsicher sind, wie man immer in den Werbespots sieht.“
Die Lüge fiel ihm spontan ein.
„ … kommt aus Texas …“
Murmelte der Cop kaum hörbar und verdrehte flüchtig die Augen.
„Fahren sie allein?“
Gerade jetzt im ungünstigsten Moment stöhnte Amber im Schlaf, bei den Strapazen der letzten Tage wohl ein übler Alptraum – verdenken konnte er es ihr wirklich nicht. Der Cop bekam das mit und seine rechte Hand zuckte zu seiner Waffe, ein .38er Revolver – Oldschool.
„Wer ist da noch  im Wagen?“
Fuck.
„Ähm, meine Tochter, wir kommen gerade von einem Ausflug zurück.“
„Führerschein und Fahrzeugpapiere, aber zackig.“
Brummelnd kam er der Aufforderung nach und reichte die Papiere dem Cop.
„So ne richtige Berühmtheit also, auf der Station schwören einige auf den hanebüchenen Mist, den sie in ihren obskuren Büchern verzapfen. Da gibt es nur ein Problem: sie haben keine Tochter! Aussteigen!“
Grimmig malte Kaz mit den Zähnen.
„Officer, haben sie Frau und Kinder?“
Der Cop hob eine Braue und sah ihn argwöhnisch an. Die Frage schien ihn aus dem Konzept gebracht zu haben.
„Ich hab eine Frau und eine kleine Tochter.“
„Würden sie alles für ihre Tochter machen?“
„Natürlich, was soll die blöde Frage?“
„Was würden sie machen, wenn sie jemanden begegnen, der ein Mädchen ohne Familie um jeden Preis beschützen würde, selbst wenn er dafür einen Mann töten müsste?“
Der Cop starrte ihn einen Moment verblüfft an.
„Sir, verlassen sie unverzüglich den Wagen und stellen Sie sich breitbeinig mit erhobenen Händen neben Ihren Wagen! Das wird mir langsam zu bunt, Sie durchgeknalltes Schwein.“
Kaz dachte einen Moment an seinen Stand in der Gesellschaft. Als exzentrischer Bastler mit genug Kleingeld um lästige Cops zu schmieren, war ihm sein Ansehen außerhalb Texas reichlich unwichtig.
„Sind sie einer von den dreckigen Cops, die die Clowns unterstützen?“
„Hey Mann, ich mache hier nur meinen Job. Rauskommen, wird’s bald?“
Ach scheiß drauf. Kaz legte den Rückwärtsgang ein und schoss aus der Parklücke. Der Cop rannte zu seinem Wagen zurück. Die Tachonadel nahe der 120 km/h Marke donnerte er durch die Stadt und wich geschickt den anderen Verkehrsteilnehmern und Passanten aus. In einiger Entfernung hinter sich sah er wie der Cop von eben die Verfolgung aufnahm. Amber hinten war aufgewacht und starrte ihn angstvoll mit weit aufgerissenen Augen an.
„Hey, was soll das?“
„Wenn du im Schlaf nicht demonstrativ laut gestöhnt hättest wären wir jetzt nicht in dem Schlamassel!“
Sie sah nach hinten und erkannte die Lichter des Streifenwagens.
„Du Idiot legst dich mit den Cops an? Und warum bin ich an dem Mist Schuld?“
„Tja was soll man machen. Hätte ich mich verhaften lassen und warten sollen bis irgendein Sympathisant der Clowns vorbeikommt und dich abknallt? Inzwischen ist ein Kopfgeld auf dich ausgesetzt, tot oder lebendig. Das bringt so manch beschränkte Existenz mit einer Kanone unter dem Kopfkissen auf dumme Gedanken. Von den geschminkten Wichsern gar nicht zu sprechen. Wenn dieser Provinz-Affe mich mit dem Zwischenfall in Montana in Zusammenhang bringt haben wir Ruck-Zuck diese Bastarde am Hacken. In diesen Breiten haben sich die Clowns gut eingenistet und alle Naselang einen Außenposten errichtet. Jede Minute, die wir länger in diesem Kaff verweilen, verringert unseren Vorsprung und bevor du dich versiehst bist du eingekreist. Und diese Terroristen fackeln nicht lange damit, ihre Beute abzuknallen.“
Er öffnete den Kanal zu Hal.
„Hal. Sorg dafür, dass wir diesen Mistkerl hinter uns loswerden.“
„Aye aye Sir. Der Streifenwagen hinter Ihnen dürfte nun wichtigeres zu tun haben.“
Er sah in den Rückspiegel, der Streifenwagen schlingerte plötzlich heftig, verlor die Kontrolle und krachte mit Vollgas in eine Kolonne parkender Autos.
„Ich liebe voll computergestützte Autos.“
Kam es vergnüglich von Hal und ungestraft donnerten sie davon in Richtung Texas.

Der Katastrophenzyklus – Kapitel 2 – Teil 1

Der Abend vor Weihnachten. Es dürfte etwa zehn sein, Lucy war schon früh zu Bett gegangen, morgen wollte sie vormittags nochmal mit ihrer Freundin Anna (oder war es Lena?) ins Schwimmbad, Anna war zwar ziemlich moppelig, aber sie schwamm echt fix und gerne, genauso gerne wie seine Tochter.
   Joschi schmökerte in einem Architekturbildband, den Tipp hatte ihm seine Schwägerin Natalie gegeben, die als Innenarchitektin sehr erfolgreich arbeitete, um nicht zu sagen, dass sie eine der gefragtesten Innenarchitektinnen Deutschlands war. Dazu trank er ungesunde Cola und aß Gummibärchen. Die Küchentür war nur angelehnt, damit Lucifer, der auf seinem Schoß saß und sich die Bilder ansah zur Not raus konnte, wenn ihm langweilig wurde oder er auf Klo musste.
   Ein Klingeln ließ ihn heftig zusammenschrecken. Wer war das? Und vor allem so spät? Er sprang auf und schoss in den Flur und spähte durch den Spion, der Kater sauste hinter ihm her und kratzte an der Wohnungstür. Eine großgewachsene Frau in einer dicken Winterjacke mit plüschigem Fellkragen, einen Rucksack auf dem Rücken und umfasste den Griff eines ziemlich großen Rollkoffers.
   Wer war das denn? Und was wollte die mit so viel Gepäck vor seiner Wohnungstür? Ihr Gesicht kam ihr wage bekannt vor und er dachte eine Weile nach wer das sein könnte, ging alle Gesichter von Frauen in diesem Alter in seiner Bekanntschaft durch.
   Dann traf ihn der gedankliche Blitz und er erkannte sie wieder, wenn auch nicht sofort. Er fluchte innerlich, Gianna, seine kleine, seit 26 Jahren verschollen geglaubte Schwester. Er öffnete missmutig die Tür und erwartete sie mit einer frostigen Miene.
„Was, kein strahlendes Lächeln deine liebe Schwester zu sehen?“
Fragte sie enttäuscht, es klang nicht gespielt.
„Was willst du?“
Fragte er ziemlich schroff und abweisend, er mochte sie nicht sonderlich. Sie war als Schwester die Pest gewesen und hatte sich mit neunzehn auf Nimmer Wiedersehen verdünnisiert – hatte er zumindest angenommen, jetzt schien, als würde er falsch liegen. Er malte mit dem Kiefer, als sich ihre Augen auf einmal mit Tränen füllten, typische Krokodils-Tränen.
„Ich brauche jetzt einen Ort, wo ich unterkommen kann!“
„Such dir ein Hotel, davon gibt’s genug.“
„Ich kann nicht, ich bin nach langer Reise einfach so einsam und morgen ist schließlich Weihnachten.“
„Ist doch nicht mein Problem, du hast die letzten 26 Jahre sehr deutlich gezeigt, dass für dich nur deine Karriere zählt und dir deine Familie scheißegal ist.“
Jetzt heulte sie und bebte unter Schluchzern. Er fluchte.
„Ich … ich brauche familiäre Wärme.“
„Dann geh deinem anderen Bruder auf den Sack, der wohnt doch eh in Berlin in seiner Protzwohnung, wo allein jedes Kinderzimmer so groß ist wie mein Wohnzimmer.“
Sie sank zu Boden und bebte jetzt vor heftigen Schluchzern. Er seufzte, immer die große Show abziehen müssen – typisch Schwesterherz.
„Komm häng deine Jacke an die Garderobe, du Heulsuse. Ich mach dir einen Kaffee.“
Er streckte ihr die Hand hin und sie zog sich dankbar daran hoch. Dann marschierte er in die Küche und räumte den Bildband weg. Lucifer, der Kuschel-Tiger, sah ihn misstrauisch an (im Gegensatz zum alten Kater seiner Eltern war Lucifer richtig verschmust und kam immer kuscheln, wenn er nicht gerade schlief, das viele Kuscheln half bestimmt bei den Depressionen des Katers). Er wühlte in dem Berg Stofftiere und förderte ein hübsches dickes Plüschkrokodil hervor, Luise (nicht zu verwechseln mit Luise Hofgärtner), und legte es auf Giannas Seite auf den Tisch. Wenn man vom Teufel sprach stolperte sie in die Küche, trug nur noch abgenutzte Jeans und einen schicken, aber alten und ziemlich löchrigen dunklen Rollkragenpullover, und setzte sich an den Tisch. Sie starrte unschlüssig auf Luise.
„Was soll ich damit?“
„Knuddeln, was sonst.“
„Ich bin zu alt für Stofftiere.“
Brummelte sie missmutig.
„Das ist meine Wohnung, also heul dich gefälligst bei dem Plüschkrokodil aus. So, wie willst du deinen Kaffee?“
Sie knuddelte tatsächlich einen Moment mit Luise und schloss die Augen.
„Cappuccino mit zwei Zucker.“
„Kommt sofort.“
Er dachte an seine Whisky Sammlung, sagte aber nichts. Er gab still zu, dass er eigentlich zu viel trank. Lucy gab ihm auch hin und wieder gute Gründe.
   Zwei Minuten später stellte er ihr einen dampfenden Becher hin und setzte sich hin. Er hatte sich eine Dose Red Bull aus dem Kühlschrank geholt, ein bisschen Nervennahrung tat bestimmt gut. Es zischte, als er die Dose öffnete und er einen Schluck nahm. Gianna trank schweigend Kaffee. Er kannte sie nur als Mädchen und Teenager, danach war der Kontakt mit ihr komplett abgebrochen und er hatte über fünfundzwanzig Jahre nichts mehr von ihr gehört, bis jetzt. Man merkte ihr das Alter an, die Fältchen und Grübchen um Mundwinkel und Augen. Ihre langen dunklen Haare waren mit ersten grauen Strähnen durchzogen. Er erkannte sie kaum wieder. Sie sah älter aus als 45, eher wie Mitte 50. Er sah einen schlichten Ehering am Ringfinger, also hatte sie Familie oder war geschieden, hing aber noch an der Beziehung und trug den Ring weiter.
„Warum tauchst du gerade jetzt zu Weihnachten wieder auf?“
Sie hob den Blick und sah ihn etwas nachdenklich an.
„Mein Mann möchte mit mir und unseren Söhnen zusammen gewissermaßen einen Neuanfang in meiner Heimat wagen, ich hab ja einen deutschen Pass, er muss hingegen noch eine Menge Papierkram einreichen, bevor er ohne weiteres hier leben darf. Und meine Söhne wollen hier studieren, bzw. mein Jüngster hier noch sein Abi machen.“
„Hm, wo hast du denn gewohnt?“
„Austin, Texas. In einem Einfamilienhaus etwas außerhalb. Ich hab die Reise schon eine Weile geplant gehabt und bin von Austin nach London und von London nach Berlin, alles erster Klasse. Und dann mit einem Taxi hier her, das war ganz schön weit. Jetzt bin ich total geschafft und müde.“
Die Staaten also, hätte er irgendwie auch vermutet.
„Bist du eigentlich reich? Du scheinst dir zwar einen langen sicherlich nicht billigen Flug leisten können, aber nicht ein paar neue Klamotten.“
„Naja, ein bisschen Luxus muss im Alter schon sein, nur habe ich als Studentin mit sehr wenig gelebt und zeige es eben nicht, dass ich gut verdiene und wohlhabend bin.“
„Was machst du denn beruflich?“
„Ich war bis vor ein paar Wochen der CEO eines großen IT-Konzerns, aber ich habe den Posten nach reichlicher Überlegung abgegeben, um mich auf den Umzug meiner Familie vorzubereiten und dann auch wesentlich mehr Zeit für sie zu haben.“
Sie guckte traurig.
„Wenn du so einen Job hast, verdienst du zwar einen Batzen Geld, aber Zeit für deine Kinder hast du dann nicht mehr.“
Sie schwieg einen Moment, drückte das dicke Plüschkrokodil an sich und trank einen Schluck Kaffee.
„Toll. Meine Schwester leitet einen riesen Konzern, mein Bruder ist einer der gefragtesten Regisseure Deutschlands und ich … ich bin nur der Familientrottel.“
Tiefe Resignation und Traurigkeit erfüllten ihn, er war doch nur ein kleines armseliges Licht, er hatte im Leben nichts, aber auch gar nichts erreicht.
   Gianna sah ihn perplex an.
„Aber das stimmt doch gar nicht. Von uns drei Geschwistern hattest du zwar im Vergleich nicht so viel Glück im Leben und von dem was ich mitbekommen habe, hast du viel probiert und hattest auch viel Pech mit deiner Krankheit. Aber mach dich nicht so klein, du bist kein Versager. Guck dich um, du wohnst in einer verschwenderisch großen und traumschönen Wohnung in einer der besten Lagen Potsdams. Du bist recht erfolgreich als Autor unterwegs, bloggst seit über zwanzig Jahren mit einer treuen Leserschaft, bist echt gut auf Youtube zugange, mit über hunderttausend Abonnenten. Also tu nicht so als würde es dir schlecht gehen, du kleiner Jammerlappen. Vergleich dich halt einfach nicht mit Leuten, die mehr haben als du. So ein Verhalten ist dumm und kindisch und der schnellste Weg, unglücklich zu sein. Ich hingegen bin seit zwanzig Jahren glücklich verheiratet, hab eine arg steile Karriere hinter mir und zwei tolle Söhne, aber wirklich gut fühle ich mich auch nicht.“
Er war etwas beschämt ihre Worte zu hören und sie hatte mit allem Recht. Nur wenn er sich zum Beispiel mit seinem Bruder traf und sich mit ihm unterhielt, war er immer so hin und weg von der mitreißenden Rede seines Bruders, vom aufregenden Leben in der Filmbranche, dass er schnell vergaß, dass es ihm doch eigentlich blendend ging und dann irgendwie mit seinem Bruder tauschen wollte und eifersüchtig auf dessen Leben wurde. Zumal Johnny eine bezaubernde und hinreißend schöne Ehefrau und zwei durchaus nette Töchter hatte, ganz anders als den wandelnden Albtraum, den seine eigene Tochter darstellte. Er war erfreut darüber, dass seine Schwester ihn nicht für einen Trottel hielt, aber besorgt, was ihren letzten Satz betraf.
„Wieso, bist du krank?“
„Nein, ich bin einigermaßen fit, aber viel Alkohol, Zigaretten und gelegentlich Drogen im Studium und auf Partys haben Spuren hinterlassen. Und ich bin nicht stolz darauf, dass ich lange nicht gesund gelebt habe. Jetzt hoffe ich auf einen Neuanfang in meiner Heimat, auch wenn ich mittlerweile länger in den USA als in Deutschland gelebt habe. Ich hatte gehofft, ich könnte fürs erste bei dir abstürzen bis ich eine feste Bleibe gefunden habe. Heißt ein Grundstück gekauft und ein Haus für meine Familie gebaut habe oder eine schön große Eigentumswohnung gefunden habe.“
„Und jetzt?“
„Jetzt ziehe ich bei dir ein, wenn du erlaubst. Ich hoffe doch einfach, du hast noch ein Gästezimmer übrig, dass man für einen längeren Aufenthalt entsprechend umrüsten kann?“
Er war sprachlos, damit hatte er nicht gerechnet.
„Habe ich eine Wahl?“
„Wenn du in einem beschissen kalten Winter deine liebe Schwester nicht in der Kälte stehen lassen willst, nein. Außerdem mache ich mich im Haushalt nützlich, koche für dich und meine Nichte und wenn du ganz besonders lieb bist, unterstütze ich meinen Lieblingsbruder auch ein bisschen finanziell. Mein Nicht-Lieblingsbruder hat eh schon viel zu viel und protzt auf Instagram mit seinem Tesla Fuhrpark, dieser Blödmann.“
Er seufzte schwer, sie machte es ihm mit Lockungen schwer, sie vor die Tür zu setzen, das war schon immer ihre Taktik gewesen, wenn sie etwas haben wollte. Blöde Kuh. Auf der anderen Seite war sie seine Schwester und in ihrem bisherigen Gespräch doch recht locker und sympathisch. Er dachte eine Sekunde nach und nippte in der Zwischenzeit am Red Bull.
„Ok, du kannst hier wohnen“
„Oh vielen, vielen Dank, Joschi. Du bist ein toller großer Bruder.“
Sie klang aufrichtig und lächelte warm, was ihn etwas erleichterte.
„Wie viel Gepäck hast du denn?“
Sie wischte sich die Augen und sah dann auf.
„Ein paar Sachen zum Anziehen für alle Jahreszeiten, Erinnerungsstücke an meine Familie, Geschenke für morgen und meinen Laptop.“
„Mh, ich habe aber kein Gästezimmer.“
Sie sah ihn verdutzt an.
„Aber du schreibst doch immer auf deinem Blog, dass du eine ziemlich große fünf Zimmer Wohnung hast. Da wird doch ein Raum als Gästezimmer übrig geblieben sein.“
„Stimmt, und ich arbeite selbstständig von Zuhause aus. Also Arbeitszimmer, Wohnzimmer, Lucy und mein Schlafzimmer. Und das Fünfte Zimmer ist mein Klemmbaustein-Studio mit über einer Millionen Lego Teilen und meiner Filmausrüstung, nach zwanzig Jahren ist mein Auftritt auf ein paar Video-Plattformen so groß, dass ich mein Hobby überwiegend refinanzieren kann. Aber wenn es dich tröstet, in meinem Schlafzimmer steht ein zweites großes Bett, falls Besuch kommt.“
„Wozu denn das?“
„Für Silvester, da kommen sowohl unsere Eltern als auch mein kleiner Bruder mitsamt seiner Familie auf ein paar Tage vorbei. Immer zu mir, weil ich Fahrstuhl habe.“
„Und wo schlafen dann alle?“
„Mama und Papa auf dem großen Schlafsofa im Wohnzimmer, Johnny und seine Frau auf dem Extrabett in meinem Zimmer, weil wir Neujahr morgens meistens zu dicht sind als dass er nach Hause fahren dürfte, auch wenn seine Teslas Autopilot haben. Und meine … ähm unsere Nichten schlafen bei Lucy im Zimmer, dazu habe ich ein paar Matratzen lagernd.“
„Und ich?“
„Du hast in den letzten sechsundzwanzig Jahren keine Rolle gespielt, aber ich lege dir eine Matratze in mein Büro. Bettzeug habe ich genug und die Matratzen sind schön weich und bequem.“
„Die kannst du doch nehmen. Ich …“
Sie brach ab, als sie seinen bösen Blick bemerkte.
„Ok, ich nehme die Matratze im Arbeitszimmer, auch wenn mir ein anständiges Bett lieber wäre.“
„Stimmt, aber Prinzeschen kann sich doch ruhig von all ihrem Geld für die Nacht ein Hotelzimmer holen, wenn es ihr an den Füßchen zu kalt wird.“
„Du bist doof.“
„Damit endet jeder zweite Satz meiner Tochter, wenn sie mit mir spricht.“
Bemerkte er beiläufig.
„Das ist aber nicht sehr nett. Wie ist sie denn so?“
„Sie hat überraschenderweise reichlich Elemente von dir und klein Johnny, hat das meiste von ihrer  Mutter und ein bisschen auch von mir. Sie ist regelmäßig bockig, ein bisschen sehr zickig, eine Heulsuse, wenn sie ihren Willen nicht durchgesetzt bekommt, sehr kreativ, beschissen schlecht in der Schule, flüchtet sich in virtuelle Welten, um der unbequemen Realität auszuweichen, absolut grottig im Umgang mit netten Jungen und schminkt sich seit rund zwei Jahren wie eine Schlampe. Kurz um, sie ist gelegentlich liebenswürdig, aber es gibt viele Momente, da würde ich ihr gerne eine scheuern. Gerade wenn ich in Ruhe arbeiten oder entspannen will und sie mir wegen Drama und Jungs auf den Sack geht oder der Dauerrenner, sie will etwas sofort und dringend haben, aber ihr Taschengeld reicht nicht. Natürlich kommt sie ganz nach ihrem Onkel Johnny und räumt nie auf, also bleibt der ganze Mist an mir hängen. Also arbeite ich täglich neun bis zwölf Stunden, damit meine liebe Tochter drei Mahlzeiten am Tag und eine gute Bildung bekommt und in einem warmen Bett in einer scheißteuren Wohnung schlafen kann. Dazu muss ich natürlich kochen und ihr morgens eine Brotbüchse machen, ich bin der Geldautomat, wenn sie Süßigkeiten, Makeup, Essen gehen, zum Frisör – was sie viel zu oft macht – oder ins Kino will, ich muss mich allein um den Haushalt und nebenbei um meine bockige Tochter kümmern.“
Sie musterte ihn mit einem mitleidigen Blick in den Augen.
„Sie kann ja nicht von alleine auf deiner Türschwelle aufgetaucht sein, was macht denn ihre Mutter? Ich hab auf den ersten Blick keine Damenschuhe oder –Mäntel gesehen.“
Er sah sie einen Moment traurig an.
„Lucys Mutter ist zwei Tage nach ihrer Geburt an Entkräftigung gestorben.“
Gianna riss die Augen auf und wirkte erschüttert.
„Oh verdammt, das tut mir Leid. Trauerst du sehr?“
„Es ist ein bisschen kompliziert, weil wir nie in einer Beziehung waren.“
Er holte Luft und erzählte ihr die Geschichte, die er erst vor wenigen Tagen Luise Hofgärtner erzählt hatte. Als er endete, musterte sie ihn nachdenklich.
„Also wart ihr nicht in einer Beziehung und da hast dich wie der größte Riesenarsch in der Geschichte benommen und gleichzeitig gezeigt wie sehr du du selbst bist, wenn du mit schwierigen Situationen konfrontiert wirst, also der feige Idiot, der den Kopf in den Sand steckt und hofft, es wird schon nichts passieren. Papas Reaktion hingegen fand ich stark, so handelt ein verantwortungsvoller Erwachsener, nicht wie du. Ich hoffe Assyas Grab ist tipp-top gepflegt, sonst trete ich dir gehörig in den Arsch.“
„Nette Worte. Sie ist bisher nur ein bisschen Depressiv, zum Glück bisher keine Suizidgedanken, aber dann ist sie wochenlang still, geknickt und kraftlos. Aber das reicht mir schon.“
„Und dann versuchst du dummer Volltrottel einen Vollzeitjob und die Erziehung gleichzeitig ohne Hilfe zu stemmen. Ein Mädchen, bzw. Kinder allgemein brauchen am besten zwei Elternteile. Und du bist nicht so hässlich, als würdest du keine finden, zumal du fit und definitiv nicht arm bist, so wie das klingt.“
„Ach echt? Wäre ich nie drauf gekommen. Aber vor Lucy lief da schon nichts und als Lucy geboren war … naja, Single Papas sind als Partner nicht so gefragt, habe ich auf die harte Tour festgestellt. Und komm schon, im Alter wird man nicht hübscher, ich bin zwar fitter geworden, aber das war‘s schon. Außerdem hatte ich alle Hände voll zu tun mit meiner Selbstständigkeit und meiner Tochter, da war einfach kein Platz mehr für Dates. Ich hab eh praktisch keine Freizeit mehr, gerade als Lucy jünger war und sich noch nicht so gut selbst beschäftigen konnte. Mein Studio ist mein Rückzugsraum geworden, wo ich abends nochmal ein paar Stunden hingehe um ein bisschen zu basteln und Videos aufzunehmen. Oder aber ich mach’s mir in der Küche mit einem Buch bequem. Aber die Zeiten wo ich mal stundenlang machen konnte was ich wollte sind seit sechzehn Jahren vorbei, und kommen erst wieder, wenn Lucy endlich auszieht, aber bis sie lebensfähig ist, wird noch viel Zeit vergehen.“
„Warum das?“
„Sie gibt sich alle Mühe, Schule so richtig an die Wand zu fahren. Sie steht immer irgendwo fünf und reagiert allergisch auf Nachhilfeunterricht. Sie macht ihre Hausaufgaben nicht, sieht einfach nicht ein warum und fängt sich eine sechs nach der anderen ein. Sie zockt lieber und postet auf Instagram, als dass sie sich auf Tests und Klassenarbeiten vorbereitet. Sie ist in genau drei Fächern nicht völlig scheiße: Sport, Kunst und Schauspielunterricht. Also alles drei Fächer mit denen man sich eine „sichere Zukunft“ aufbauen kann.“
Kommentierte er sarkastisch, auch wenn er sich eigentlich furchtbar fühlte, so über seine Tochter herzuziehen. Klar lernte sie nicht so gern, aber war er als Jugendlicher so viel anders gewesen?
„Zudem ist sie dort auch nicht überragend gut. Jede Woche habe ich bei irgendeinem Lehrer ein Elterngespräch, über ihre schlechten Noten. Und natürlich bin ich schuld daran, dass meine Tochter so schlecht ist, ich der schlechte Vater, das schlechte Vorbild.“
„Wer sagt sowas?“
Er seufzte schwer.
„Andere Eltern und andere Lehrer. Weißt du meine bockige Tochter hat mir ein Date mit ihrer Lieblingslehrerin angeleiert. Luise Hofgärtner.“
„Was echt?“
Seine Schwester verkniff sich ein Lachen und schmunzelte.
„Ja, letzten Sonntag. Es ging gut, auch wenn der Anfang sehr holprig war. Jedenfalls haben wir Nummern getauscht und chatten seitdem regelmäßig, wenn die Brut anderweitig beschäftigt ist. Und da hat sie mir traurig erzählt, dass ich unter den Lehrern an der Schule keinen guten Ruf habe. Und das stimmt mich so traurig. Ich will meiner Tochter doch nur ein gutes Leben ermöglichen, aber sie stellt sich einfach so bockig und setzt ihren eigenen Willen durch, was selten in Lernen ausartet. Eher in Zocken und Serien bingen. Anschreien nützt nichts und ich mag keine Gewalt. Gut zureden nützt aber auch nichts. Es ist wie einen löchrigen Eimer mit Wasser zu füllen.“
Sie musterte ihn nachdenklich.
„Und wenn ich mein Glück bei ihr versuche?“
Er runzelte die Stirn.
„Wie meinst du das?“
„Ich hab zwei Söhne und mein Jüngster ist in ihrem Alter. Vielleicht kann ich mit ihr reden und sie dazu zu bringen das Schulleben ein bisschen ernster zu nehmen.“
„Das würdest du tun?“
Unglaube schwang in seiner Stimme mit. Seine Schwester machte was für ihren großen Bruder, das musste er sich im Kalender eintragen.
„Ja, irgendwas muss ich schließlich tun, ich kann doch nicht einfach die nächsten zwei bis drei Jahre hier herumsitzen und nichts tun, während das Haus gebaut wird. Ich wiederhole mich zwar, aber irgendwas muss ich schließlich tun.“
„Stimmt, du konntest nie still sitzen, du musstest immer irgendwas machen. Für dich war Schule prio Nummer eins, danach kam das Lesen von ganz wichtigen Sachbüchern oder Biografien und deinen ersten Businessplan hattest du schon mit fünfzehn.“
Sie schmunzelte.
„Das stimmt auch, aber viel Zeit für ein Sozialleben blieb dann in der Regel nicht.“
„Wie heißt dein Mann?“
Sie lächelte bei der Frage.
„Chris, er ist schwarz und sechs Jahre älter als ich.“
„Was hat deine Firma gemacht?“
„Sorry, das würdest du nicht verstehen.“
Er war gekränkt.
„Warum behandeln mich alle wie den letzten Dorftrottel?“
„Weil du manchmal wie einer rüberkommst?“
Er lehnte sich traurig zurück.
„Ok, hier die Kurzfassung, wir bauen komplexe Computerchips und Quantencomputer auf höchstem Niveau.“
Er sah sie erstaunt an.
„So viel Knowhow hast du?“
„Sicher, ich hab Physik und Informatik am MIT studiert.“
Joschi starrte seine Schwester vor lauter Unglauben an.
„Das MIT?“
„Genau, Abschluss mit Magna cum Laude.“
„Und wie konntest du dir das leisten?“
„Gar nicht, ich hab kein Stipendium bekommen und geschuftet wie Teufel, um mein Leben zu finanzieren. Aus dieser Zeit habe ich meine Verweigerungshaltung gegen die Wegwerfkultur und kaufe eigentlich alles nur second Hand und repariere kaputte Elektronik, anstatt sie wegzuwerfen. Ich hab gekellnert und Nachhilfe-Unterricht in Mathe, Informatik und Physik gegeben.“
Er stand auf und öffnete einen Schrank etwas weiter oben und griff sich eine Flasche Single Malt Whiskey und ein Glas, großzügig schenkte er ein und nahm einen tiefen Schluck.
„Du bist eine liebenswerte Zicke.“
„Danke, denke ich. Krieg ich auch einen?“
Sie deutete auf den Whiskey und er holte ihr murrend ein Glas. Sie trank mit Bedacht.
„Der ist gut.“
„Hat mir Johnny geschenkt, für Krisenzeiten.“
Gianna schmunzelte.
„Hätte dich nicht für einen Säufer gehalten.“
„Tja, so täuscht man sich. Mein kleines Leben läuft eben nicht gut.“
„Wie meinst du das?“
Fragte sie mit einem besorgten Unterton in der Stimme.
„Ende des Sommers sind mir vier ziemlich große Kunden abgesprungen und ich kämpfe seitdem damit über die Runden zu kommen. Meine Tochter soll ein angenehmes Leben führen können, aber das kostet und wenn es so weitergeht, muss ich die Reserve anbrechen, die eigentlich für ein neues Auto und eventuell eine Eigentumswohnung gedacht sind, die Wohnung hier ist zwar groß und schön, aber im Alter kann ich mir das einfach nicht leisten, dafür ist sie einfach zu verschwenderisch groß und teuer. Ernie wird den TÜV im Frühjahr nicht packen und dann hab ich kein Geld für ein neues Auto. Aber dann werde ich nächstes Frühjahr neunundvierzig und ich muss mir langsam Gedanken um meinen Ruhestand machen und wie ich mit meinen Sachen verfahre. Mit dem frühen Tod von Lucys Mutter habe ich mit Mitte dreißig schon mein Testament gemacht, damit es an meiner Tochter ans nichts fehlt, wenn mir etwas zustößt. Aber viel ist es nicht. Momentan schreibe ich überall rote Zahlen und es sieht nicht so aus, als würde ich im neuen Jahr plus machen, ich war schon immer schlecht daran, neue Kunden zu akquirieren.“
Sie musterte ihn aufmerksam und er nahm noch einen Schluck, es brannte angenehm in der Kehle.
„Und wenn du etwas anderes machen würdest?“
Er sah sie zweifelnd an.
„Das hab ich schon öfter überlegt, aber zum einen bin ich schon Ende Vierzig und wer will denn noch jemanden in dem Alter ausbilden. Und dann weiß ich nicht, was mit mir anzufangen ist und das größte Problem, ich könnte es einfach nicht finanzieren. Ich zahl knapp dreieinhalb Tausend für die Warmmiete, Unsummen für Versicherung und Steuern und eine völlig gefräßige Tochter bei Laune zu halten, die verschwenderisch mit ihrem Taschengeld umgeht und immer nach mehr bettelt, ist auch kein kleines Unterfangen. Der Job ist ok, aber Spaß macht er mir nicht mehr so wirklich wie noch vor fünfzehn Jahren.“
„Mh, aber du bist doch auch Autor, Youtuber und Blogger.“
„Stimmt, die Bücher und der Kanal, das bringt ein paar Taler, aber es deckt noch lange nicht die Miete, es reicht aber immerhin dafür um das Equipment zu finanzieren und ein paar der Versicherung zu deckeln. Und der Blog läuft ganz gut, nach fast zwanzig Jahren Bloggen, habe ich rund fünftausend Follower, aber momentan schreibe ich aber nur etwa einmal die Woche was und so verliert man eben Abonnenten am laufenden Band.“
„Das ist bedauerlich, mir ist zu Ohren gekommen, du seist recht gut. Jedenfalls nicht den Kopf in den Sand stecken und aufgeben, wie du es eigentlich immer schon gemacht hast, seit dem es dich gibt. Sobald Schwierigkeiten in Sicht kommen, buddelst du dich ein und tust so, als könntest du dich da durchmogeln indem du nichts tust und nicht einfach untergehst. Ich hab gelernt, es ist nicht schlimm wenn du auf die Nase fliegst, solange du danach wieder aufstehst und weitermachst.“
Er schluckte und spülte mit Whisky nach.
„Stimmt schon, ich war immer schon so. Aber mit Lucy ist es dann besser geworden, meine Tochter könnte ich nie im Stich lassen. Und für sie springe ich schon mal in einen Brombeerbusch, wenn es ein großes Problem gibt.“
„Gute Einstellung, deine Tochter braucht einen starken Vater, kein rückgratloses Weichei.“
Schweigend saßen sie da und tranken Whisky. Dann gähnte sie demonstrativ.
„Hast du irgendwo vielleicht ein weiches Bett, ich würde mich gerne hinlegen, ich bin seit vierzig Stunden auf den Beinen, weil ich noch so viel erledigen musste!“
„Alles klar, komm mit und vergiss Luise nicht.“
Er stand auf und ging in den Flur, wo er ihren Rollkoffer nahm. Damit ging er auf eine Tür links am Ende des sehr langen geräumigen Flures zu, in dem man fast schon Bälle abhalten konnte. Er öffnete die Tür und machte Licht an. Es war wirklich keine Besenkammer, wie er sein Schlafzimmer immer scherzhaft nannte, denn immerhin hätte sein altes Wahnzimmer hier spielend zweimal reingepasst. Aber es war jetzt auch nicht gewaltig riesig, es maß etwa dreißig Quadratmeter, also ein Zehntel der Wohnungsfläche und war rechteckig langgestreckt. Abgesehen von den beiden großen Betten war alles bis unter die nicht gerade niedrige Decke mit Regalen und Schränken vollgestopft und in der freien Fläche in der Mitte des Raumes standen zwei vollbestückte Wäscheständer, einer mit Unterwäsche und Socken, der andere mit Bettwäsche. Er stellte den Rollkoffer neben ein großes Bett, das er in ein Regal eingebaut hatte, sodass einer der Schlafenden des Doppelbetts in einer Art Höhle nächtigte.  
„Da schläft unser Bruder und seine Frau Natalie, wenn sie zu Besuch sind und übernachten, ab und zu auch unsere Eltern, wenn sie länger zu Besuch sind, was aber nicht mehr so oft vorkommt, da sie auch schon recht alt sind. In den Nachthimmel ist ein Bildschirm eingelassen, sodass man im Liegen noch etwas bequem gucken kann. Mein Bett ist das große mit den ganzen Plüschtieren, schwer zu verfehlen.“
Gianna stellte den Rucksack neben den Koffer und entfaltete eine der dicken Daunendecken, die er schon in Vorbereitung auf den Besuch ihrer Eltern zwischen den Jahren vorbereitet hatte. Sie legte das Plüschkrokodil neben das Kopfkissen und schlüpfte ungeniert aus Jeans und Rollkragenpullover, Schmuck trug sie keinen und den Ehering ließ sie am Finger. Dann ließ sie sich in Unterwäsche und T-Shirt schwer aufs Bett plumpsen und kuschelte sich sofort ein und machte die Augen zu, sie schien echt fertig zu sein. Leise machte er sich auch fertig und gesellte sich zu den wenigstens vier Dutzend Plüschtieren, davon eine große Rotte Plüschwarane, in sein großes Bett mit der wahnsinnig tollen Matratze und fiel schnell in einen tiefen Schlaf.

CaDA präsentiert: ein RC-fähiges Kran-Monster vom Feinsten – CADA C61081W Functional Crane Truck

Nach einer Aneinanderkettung von Pech und Bad Luck war ich für zwei Wochen außer Gefecht gesetzt. Erst ist mir das entscheidende Teil des Sets, dass ich vorstellen wollte, gebrochen und ich musste Ersatz ordern. Dann war ich durch Corona außer Gefecht gesetzt.

Shit happens.

Jetzt bin ich wieder gesund und das Ersatzteil (5€ Stückpreis grmbl) ist gekommen und montiert, jetzt kann es losgehen.

Ein Kran aus dem Hause CaDA, einem der besseren chinesischen Hersteller von Klemmbausteinen mit Steinen aus eigener Fertigung und einem guten Ruf. Fast 2.000 Teile und im Falle des Reviews motorisiert, wie es die Option vorschlägt, wenn auch mit LEGO Powerfunctions Motoren. Lenkung, Antrieb und 4 Funktionen des Aufbaus, die man allerdings manuell ansteuern muss.

Self-Statements #13

Lange Pause, jetzt bin ich wieder am Start. Der wöchentliche Fragebogen von Gina von Passion of Arts.

JETZT BIST DU DRAN, DER SELF-STATEMENTS-FRAGEBOGEN FÜR DICH!

1. Wie fühlt sich für dich absolute Freiheit an?

Wenn ich mich innerhalb eines gewissen Regelwerks (z.B. Gesetze) frei entfalten kann in dem was ich mache und denke.

2. Glaubst du, dass du irgendwann in deinem Leben mal die falsche Abzweigung genommen hast?

Öhöhö, bis unmittelbar Mitte diesen Jahres bestand mein Leben seit dem Abitur aus einer Aneinanderreihung von größeren und kleineren Katastrophen. Dennoch hab ich mich nicht unterkriegen lassen und bin auch wundersamerweise wieder in der selben Stadt gelandet, in der ich großgeworden bin. Aber jetzt läuft es zur Abwechslung ganz gut und wer weiß, vielleicht wäre es nie dazu gekommen, hätte ich nicht die eine oder andere verquerte Abzweigung genommen. 😉

3. Würdest du dein Leben gern noch einmal Leben?

Die letzten 10 Jahre eher nicht, höchstens mit dem Wissen, was ich alles falsch gemacht habe um mich an jeder Stelle, wo was mächtig schief gegangen ist, hoffentlich zum besseren zu verbesern.

4. Könnte man den Tod auch als etwas Positives betrachten?+

Für meinen Geschmack habe ich diese Diskussion viel zu oft mit schwerst Depressiven geführt, kein sehr angenehmes Thema. Im Falle von wirklich schwerer Krankheit oder der Vermeidung jahrelangem Dahinsiechens könnte der ein oder andere dieser Frage etwas positives abgewinnen.

5. Denkst du, dass man die Welt verbessern kann oder ist das alles nur Wunschdenken?

Logo, nur wird nicht von gleich auf jetzt alles toll, friedlich und bunt.

6. Sind Landgrenzen inzwischen überholt?

Nope.

7. Fändest du eine Weltregierung besser?

Schon, nur wird es bei so vielen Milliarden Menschen mit tausenden von Kulturen echt schwer auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, ohne sich zu zerfleischen.

8. Glaubst du an Gott?

Was heißt hier glauben. Das Universum ist zu abgefahren um völlig random zu sein. Heißt aber noch lange nicht, dass ich ein bärtigen alten Mann glaube, der die Strippen der Menschheit in der Hand hat. Wenn es Götter geben sollte, dann stelle ich sie mir Lovecraftisch an, kosmische Wesen fernab jeder Vorstellungskraft, deren bloßer Anblick Menschen den Verstand raubt. ^^

9. Ist Religion in deinen Augen etwas positives oder negatives?

Religion ist oft gelebte Tradition und ich sehe darin nichts verwerfliches, nur in ihren Extremen ist Religion echt suboptimal.

10. Was haben die Religionen für uns getan?

Och nö, was sind das denn heute für Fragen?

11. Was haben wir für die Religion getan?

Im Blick auf die Weltgeschichte vermutlich nicht immer die klügsten Entscheidungen getroffen.

12. Liest du noch Philosophie und machst dir darüber Gedanken?

Sporadisch, aber nicht aktiv. Doch schon spannend und vieles verwebe ich als Autor in meine Werke.

13. Welches ist das beste Buch, das du jemals gelesen hast?

Das ist eng, bei den paar hundert Büchern, die ich gelesen hab. Ich glaube ich nehme die Abenteuer-Trilogie (ist auch als einzelner Sammelband erschien) von Isabell Allende: „Die Stadt der wilden Götter“ „Im Reich des goldenen Drachen“ und „Im Bann der Masken“. Ein Must-Read für jeden Teen, der auf mystische Abenteuer-Bücher steht und übrigens der Hauptgrund, warum ich zu schreiben angefangen habe!

14. Wer ist deiner Meinung nach der schlechteste Mensch, der jemals lebte, außer Adolf Hitler?

Nehmt euch die Liste, aller grausamen Diktatoren und Machthaber, die jemals auf dieser Erde gewandelt sind, ich such sie euch aber nicht raus.

15. Wer ist deiner Meinung nach der beste Mensch, der jemals lebte, außer Mahatma Gandhi?

Das ist eine sehr subjektive Frage. Jocko Willink und Jordan B Peterson.

16. Was glaubst du, ist das glücklichste Land der Welt? 

Sind das in den Umfragen nicht immer die skandinavischen Länder?

17. Findest du, dass das Leben, frei nach Sigmund Freud, ohne Schönheit nicht lebenswert ist? 

Sicher, es gibt viele katastrophal miserable und grenzenlos hässliche Orte an dieser Welt, wo ich ganz sicher nicht leben wollen würde!

18. Welches ist das großartigste Kunstwerk, das du je gesehen hast?

Puh, öhm … Top Gun Maverick 😀

19. Wie hat es dein Leben beeinflusst?

Es hat mir gezeigt wie man selbst im Jahr 2022 grandiose filmische Meisterwerke ohne Politikmist veröffentlichen und dabei verdammt erfolgreich sein kann.

20. Ist der Terrorist, frei nach Brendan Behan, derjenige mit der kleinen Bombe in der Hand ?

Jetzt mal im Ernst, wer hat diese Fragen ausgesucht?

21. Was ist für dich das Wichtigste auf der Welt?

Gesundheit.

22. Und das Zweitwichtigste?

Familie.

23. Was denkst du, beeinflusst die Welt generell am stärksten: Geld, Politik, Religion oder Kunst?

Money!

24. Denkst du, dass Kolonialismus, egal in welcher Form, Terrorismus hervorbringt?

Nicht immer, aber oft.

25. Schulden wir allen Kinder der Erde eine Zukunft?

Wie wäre es mit einer Zukunft für Jedermann?

26. Welcher ist dein Lieblingsort?

Meine Wohnung, wo ich einfach ich selbst sein kann.